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Sauerstoff in Kometenatmosphäre untergräbt Milliarden von Jahren

von
übersetzt von Paul Mathis 

Im Jahr 2004 startete die Europäische Weltraumorganisation die Raumsonde Rosetta zur Untersuchung von Asteroiden und Kometen. Im November 2014 setzte ihr Lander Philae auf dem Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko auf. Die Sonde trug unter anderem ein Massenspektrometer ROSINA (Rosetta Orbiter Spectrometer for Ion and Neutral Analysis, Rosetta Sonde zur Analyse von Ionen und neutralen Atomen, Anm. d. Übers.). Dies brachte die bisher „überraschendste Entdeckung“ über den Kometen, so Forschungsleiterin Kathrin Altwegg von der Universität Bern, Schweiz.1

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Dies ist ein zur Verdeutlichung zusammengesetztes Bild aus einer realen Aufnahme von 67P/Churyumov-Gerasimenko und dem Schweif eines anderen Kometen.

Im Kometenkoma (bzw. in der Kometenatmosphäre) befand sich viel freies Sauerstoffgas (O2) — mit fast 4% so viel wie das am häufigsten vorkommende Gas, Wasserdampf.2 Tatsächlich war die Konzentration von September 2014 bis März 2015 gleichbleibend hoch.

Dies wirft allerdings viele Probleme für evolutionäre Modelle des Sonnensystems auf,3 und war höchst unerwartet. Das Problem ist, dass Sauerstoff sehr reaktiv ist, wie Dr. Altwegg erklärt: „Wir hätten nie gedacht, dass Sauerstoff Milliarden von Jahren ‚überleben‘ kann, ohne sich mit anderen Substanzen zu verbinden.”1

Eine mögliche Quelle wäre ultraviolette (UV) Strahlung, die Wassermoleküle in Wasserstoff und Sauerstoff spaltet. Aber die meiste Zeit seines Lebens wäre der Komet im Kuipergürtel jenseits des Neptuns gewesen. UV-Strahlung würde in dieser Entfernung nur wenige Meter in den Kometen eindringen können (Kometen sind „schmutzige Schneebälle“, die größtenteils aus gefrorenem Wasser bzw. Eis bestehen, in das die UV-Strahlung eindringen kann, Anm. d. Übers.), um Sauerstoff zu produzieren, aber wenn der Komet auf seiner Bahn in das innere Sonnensystem käme, wäre das ganze Material verdampft (weil das Eis in Sonnennähe stark erhitzt wird, Anm. d. Übers.). Dann wäre der Sauerstoff verschwunden, der während seiner Zeit im Gürtel produziert wurde. Wird also der Sauerstoff durch UV-Strahlung in der kurzen Zeit produziert, wenn der Komet näher an der Sonne ist? Anscheinend nicht, weil wir weder große Veränderungen in der Sauerstoffkonzentration sehen, noch Ozon (O3) vorfinden,2 das in unserer eigenen Atmosphäre produziert wird, indem UV-Strahlung auf O2-Moleküle trifft.4

Die einzige verbleibende Lösung ist also, dass der Sauerstoff von vornherein da war: im Kometenkern enthalten, als der Komet entstand. Die Forscher vermuten, dass UV-Strahlung den Sauerstoff aus in Eiskörnern enthaltenen Wassermolekülen herausbricht, der Sauerstoff dann in Eishohlräumen eingeschlossen wird und diese Eiskörner dem Kometen einverleibt werden. Die Forscher sagen jedoch: „Die derzeitigen Modelle zur Bildung des Sonnensystems lassen keine Bedingungen erkennen, die dies zulassen würden.“2

Auswirkungen auf die chemische Evolution

In den letzten sechs Jahrzehnten war es ein weit verbreiteter Mythos, dass sich das Leben auf der Erde aus einer Ursuppe entwickelte.5 Die Grundchemikalien in dieser Suppe wurden angeblich durch UV-Strahlung und Blitzeinschläge in einer Uratmosphäre erzeugt, die sich von der heutigen unterscheidet. Sie war angeblich „reduzierend“, d. h. sie enthielt wasserstoffreiche Verbindungen wie Methan (CH4) und Ammoniak (NH3), und es gab keinen Sauerstoff. Unsere gegenwärtige „oxidierende“ Atmosphäre würde all dies ausschließen, denn Sauerstoff würde diese sogenannten Grundbausteine zerstören und ihre Bildung überhaupt erst verhindern.

Es überrascht viele, dass diese Theorie nicht durch Beweise, sondern durch das Dogma geleitet wird, dass das Leben spontan entstanden sei – eine Intelligenz ist nicht erlaubt, per Dekret. Aber es gibt gute Hinweise gegen diese naturalistische Hypothese, ausgehend von einer stark oxidierten Form des Seltenerdmetalls Cer (Ce4+), das in Zirkonen gefunden wurde, die auf 4,35 Milliarden Jahre datiert sind.6,7 Nun ist diese rätselhafte Entdeckung des von Anfang an vorhandenen Sauerstoffs in einem Kometen ein weiterer Hinweis dafür, dass wir es nicht ausschließen können, dass der Sauerstoff auf der Erde auch schon von Anfang an da war.

References and notes

Literaturangaben

  1. Sample, S., Rosetta finds oxygen on comet 67P in ‘most surprising discovery to date’: Oxygen revealed to be fourth most abundant gas in the comet’s atmosphere, contradicting long-held theories of comet formation, Guardian (UK), 29. Oktober 2015. Zurück zum Text.
  2. Bieler, A. et al., Abundant molecular oxygen in the coma of comet 67P/Churyumov–Gerasimenko, Nature 526(7575):678–81, 29. Oktober 2015 | doi:10.1038/nature15707. Zurück zum Text.
  3. Cesare, C., Rosetta sniffs oxygen around comet 67P: The presence of the gas could have implications for theories of the early Solar System, Nature News, 28. Oktober 2015. Zurück zum Text.
  4. UV-Strahlung spaltet O2 in reaktive Sauerstoffatome O auf, die dann andere O2-Moleküle attackieren: O2 → 2O danach O + O2 → O3. Zurück zum Text.
  5. Eine Kritik findet sich in Evolution’s Achilles’ Heels, ch. 3, CBP, 2014; zu finden unter creation.com/s/10-2-640; Batten, D., Origin of life: An explanation of what is needed for abiogenesis (or biopoiesis), creation.com/origin-of-life, 26. November 2013. Zurück zum Text.
  6. Trail, D. et al., The oxidation state of Hadean magmas and implications for early Earth’s atmosphere, Nature 480:79–82, 1. Dezember 2011 | doi:10.1038/nature10655. Zurück zum Text.
  7. Sarfati, J., The Miller–Urey experiment revisited, creation.com/miller3, 15. März 2015. Zurück zum Text.