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Wortwörtliche Tage vor der Sonne

(Aus dem vom Autor des Artikels stammenden Buch The Genesis Account: A theological, historical, and scientific commentary on Genesis 1–11, ch. 8, 2015)

von
übersetzt von Markus Blietz

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Kritiker der in der Bibel beschriebenen Schöpfung verwenden oft das Scheinargument „Tage vor der Sonne“, um zu versuchen zu beweisen, dass die in der Bibel beschriebenen Tage in 1. Mose 1 keine gewöhnlichen 24 Stunden Tage waren. Dieses uralte Argument wird gewöhnlich so verwendet, als ob Kreationisten noch nie daran gedacht hätten.

Tatsache ist aber, dass dieses „Problem“ schon vor Jahrhunderten beantwortet wurde. Christen haben schon lange erkannt, dass Gott Licht ohne eine sekundäre Quelle erschaffen kann, und die Bibel sagt uns klar, dass Gott das Licht, sowie die Erde, am ersten Tag der Schöpfungswoche erschaffen hat.

Die Bibel macht uns auch deutlich, dass im neuen Himmel und auf der neuen Erde, die Gott noch erschaffen wird, weder Sonne noch Mond nötig sein werden, denn Gottes Herrlichkeit wird sie erleuchten, und das Lamm wird ihre Leuchte sein (Offenbarung 21,23). In 1. Mose 1 definiert Gott sogar einen Tag und eine Nacht über die An- oder Abwesenheit von Licht.

Die Antwort der Reformation

Zum Beispiel sah der führende französische Reformator Johannes Calvin (1509-1564) kein Problem, denn er lehrte:

  • Der Tag-Nacht-Zyklus wurde vom ersten Tag an von Gott in Kraft gesetzt, und zwar bevor die Sonne erschaffen wurde [in seinem Kommentar zu „…es werde Licht“ in 1. Mose 1,3]:

    Deshalb bezeugt der HERR schon allein durch die Reihenfolge seiner Schöpfung, dass er über das Licht gebietet, das er uns auch ohne Sonne und Mond zu schenken vermag. Ferner ist es aus dem Zusammenhang sicher, dass das Licht so geschaffen wurde, dass es mit der Finsternis vertauscht wurde … jedenfalls gibt es keinen Zweifel, dass sie sich in der Reihenfolge abwechselten … .1
  • Die Sonne, der Mond und die Sterne wurden erst am 4. Tag – nach der Erde – erschaffen und übernahmen dadurch die Rolle als Lichtspender für die Erde [in seinem Kommentar zu „…es sollen Lichter … sein“ in 1. Mose 1,14]:

    Gott hatte bereits zuvor das Licht erschaffen, aber jetzt setzt er eine neue Ordnung in der Natur ein, nämlich, dass die Sonne der Spender des Tageslichts sein soll, der Mond und die Sterne aber in der Nacht leuchten sollen. Und er weist ihnen diese Aufgabe zu, um uns zu lehren, dass alles Geschaffene seinem Willen unterworfen ist und tut, was er ihm aufgetragen hat. Mose erklärt uns hier nichts anderes, als dass Gott bestimmte Vorrichtungen in Kraft gesetzt hat, um das zuvor geschaffene Licht durch wechselseitige Veränderungen auf die Erde zu verströmen. Der einzige Unterschied ist der, dass vorher das Licht selbst die Erde erleuchtete, jetzt aber von Lichtkörpern ausgeht, die, indem sie diesem Zweck dienen, den göttlichen Anweisungen Folge leisten.2

Der Vater der Reformation, Martin Luther (1483-1546), war ähnlich klar und entschieden darin, dass die Sonne,3 der Mond und die Sterne am 4. Tag geschaffen wurden. Auch der Gründer des Methodismus, John Wesley (1701-1791), stimmte dem zu.4

Antike und mittelalterliche Gelehrte

Noch viel früher schrieben bereits viele antike und mittelalterliche Gelehrte, dass Gott ein ursprüngliches, nicht von der Sonne abhängiges Licht erschuf, das auf Gottes Befehl hin entstand, dann aber später wieder zurückgezogen und für die Gerechten in der messianischen Zukunft aufbewahrt wurde.5 Das ist nachvollziehbar und stimmt mit der Lehre des Apostels Johannes im Buch der Offenbarung überein. Auch der jüdische Kommentator aus dem mittelalterlichen Spanien, Abraham Ibn Esra (ca. 1089-1164), schrieb:

Ein Tag bezieht sich auf die Bewegung der Himmelskugel. …
Die Himmelskugel machte eine Umdrehung. Die Sonne war noch nicht am Firmament zu sehen; es gab auch kein Firmament.6

Diese großen Ausleger hatten recht, dies nicht als Problem für den Gott der Bibel zu sehen. Die moderne geokinetische Astronomie (die von einer sich drehenden Erde ausgeht) macht die Lösung sogar noch einfacher. Alles, was es braucht, um einen Tag-Nacht-Zyklus zu erzeugen, ist eine rotierende Erde und Licht, das aus einer Richtung kommt. Daraus können wir ableiten, dass sich die Erde bereits relativ zum Licht, das am ersten Tag entstand, im Raum drehte.

Diese ungewöhnliche, kontraintuitive Reihenfolge der Schöpfung (Licht vor Sonne) fügt tatsächlich ein Gütesiegel der Authentizität hinzu. Wenn die Bibel das Produkt späterer „Redakteure“ gewesen wäre, wie es die Urkundenhypothese7 behauptet, wäre dies sicherlich geändert worden, um es dem Verständnis der „Redakteure“ anzupassen. In Ermangelung einer gegenteiligen göttlichen Offenbarung wäre ein „Tag“ ohne die Sonne in der Antike generell unvorstellbar gewesen. In ähnlicher Weise weist Hamilton auf die ungewöhnliche Natur des biblischen Berichts hin:

Die Erschaffung des Lichts nimmt die Erschaffung des Sonnenlichts vorweg. Es endet damit, dass die Aufgabe, das Licht von der Finsternis zu trennen, den himmlischen Leuchtkörpern zugewiesen wird (Vers 17). Es ist unnütz, eine solche Formulierung als Ausdruck wissenschaftlicher Unkenntnis hinzustellen. Was der Autor erklärt, ist, dass Gott das Licht in den ersten drei „Tagen“ von einer anderen Quelle als der Sonne scheinen ließ.8

Dass die Sonne erst nach dem Licht erscheint, wäre für heidnische Weltanschauungen, die dazu neigten, die Sonne als Quelle allen Lebens zu verehren, wahrscheinlich sehr bedeutsam gewesen. Gott macht hier offenbar deutlich, dass die Sonne zweitrangig ist gegenüber ihm selbst als Quelle von allem. Er „braucht“ die Sonne nicht, um Leben zu erschaffen, im Gegensatz zum Glauben an eine Jahrmilliarden alte Erde.

Die Kirchenväter wussten es am besten

Frühe christliche Autoren sahen die Schöpfung der Sonne am vierten Tag als historische Tatsache und verwendeten dieses Argument in ihren polemischen Angriffen gegen das Heidentum. Zum Beispiel schrieb Theophilus, Bischof von Antiochien, im zweiten Jahrhundert in einem apologetischen Werk an den gelehrten heidnischen Magistrat Autolycus:

Die Gestirne kamen am vierten Tag ins Dasein. Da Gott die Zukunft kennt, sah er den Unverstand der törichten Philosophen voraus, die sagen würden, dass die auf der Erde gebildeten Dinge von den Sternen kommen; sie würden dabei die Absicht haben, Gott beiseite zu setzen. Um daher die Wahrheit zu bezeugen, kamen die Pflanzen und deren Samen bereits vor den Sternen ins Dasein. Denn das, was später ins Dasein kommt, kann nicht das verursachen, was davor ist.9

Im 4. Jahrhundert kommentierte Basilius der Große die gleiche Passage wie folgt:

Himmel und Erde kamen zuerst; nach ihnen wurde das Licht geschaffen; der Tag war von der Nacht geschieden worden, und erst dann erschienen das Firmament und das Trockene. Das Wasser war in das ihm zugewiesene Reservoir gesammelt worden, die Erde zeigte das, was sie hervorbrachte: sie hatte viele Arten von Gewächsen zum Keimen gebracht und sie war mit allen möglichen Arten von Pflanzen geschmückt. Aber die Sonne und der Mond existierten noch nicht, damit diejenigen, die in Unwissenheit über Gott leben, die Sonne nicht als Ursprung und Vater des Lichts oder gar als Schöpfer von allem, was aus der Erde hervorgeht, betrachten. Deshalb gab es einen vierten Tag, und deshalb sagte Gott dann auch: „Es sollen Lichter am Firmament des Himmels sein.“10

Beachten Sie, dass dies nicht einfach nur Polemik gegen das Heidentum ist, wie Gegner des Schöpfungsberichts oft behaupten. Stattdessen ist 1. Mose 1 selbst ein historischer Bericht, und die Kirchenväter stützten sich einfach auf diese wahre Geschichte als Grundlage für ihre Polemik gegen die falschen Mythen des Heidentums.

Die „Tage vor der Sonne“ als tatsächliche 24 Stunden Tage sind daher gar kein Problem für die Wissenschaft. Darüber hinaus ist es offensichtlich, dass die Reihenfolge der Schöpfungsereignisse auch in anderer Hinsicht besonders wichtig ist.

Hinweise und Literaturangaben

  1. Calvin, J., Genesis, pp. 76–77, 1554/1984. Zurück zum Text.
  2. Calvin, Ref. 1, p. 83. Zurück zum Text.
  3. Luther, M., Luther’s Works, Vol. I: Commentary on Genesis 1–5, Pelikan, J., (Ed.) Concordia, St Louis; see his comments on verses 1:5–6 and 1:14ff, 1958. Zurück zum Text.
  4. Wesley, J., Sermon 56: God’s Approbation of His Work, 1872; wesley.nnu.edu. Zurück zum Text.
  5. Lewis, J.P., The Days of Creation: An Historical Survey, JETS 32:449, 1989. Zurück zum Text.
  6. Ibn Ezra, Commentary on the Pentateuch, Genesis (Bereshit), translated and edited by Strickman, H.N. and Silver, A.M., Menorah Publishing Co., p. 33 and footnote, 1999; cf. Creation days and Orthodox Jewish tradition. Zurück zum Text.
  7. Siehe Grigg, R., Did Moses really write Genesis? Creation 20(4):43–46, 1998, also Holding, J.P., Debunking the documentary hypothesis, J. Creation 19(3):37–40, 2005;. Zurück zum Text.
  8. Hamilton, V.P., The Book of Genesis, chapters 1–17, p. 121, 1990. Zurück zum Text.
  9. Theophilus, To Autolycus 2:15, AD 81, Ante-Nicene Fathers 2:100. Zurück zum Text.
  10. Basil, Hexaëmeron 6:2. Zurück zum Text.

Helpful Resources

The Genesis Account
by Jonathan Sarfati
US $39.00
Hard cover