Explore
Also Available in:

Warum sich das Universum nicht um die Erde dreht

Eine Widerlegung des absoluten Geozentrismus

von und
übersetzt von Markus Blietz

Veröffentlicht 12. Februar 2015; letzte Aktualisierung am 24. April 2019

Inhalt

Einleitung

Fragen zur Funktionsweise des Universums sind nicht immer einfach zu beantworten. Viele Jahrhunderte lang dachten die meisten Menschen (Gelehrte und Philosophen eingeschlossen), die Erde sei im Zentrum des Universums, und die Planeten, der Mond, die Sonne und die Sterne würden sich um die Ede drehen. Man nennt diese Auffassung „Geozentrismus“ oder die „geozentrische Sicht auf das Universum“. Es brauchte viele Jahre mühsamer Arbeit, die sich über mehrere Jahrhunderte erstreckte, um zu zeigen, dass dies als absolute Aussage falsch ist. Heute akzeptieren wir eine „geokinetische“ (d. h. „bewegte-Erde“) Sichtweise, die auf den Arbeiten von Newton und Einstein basiert. Wer die Geschichte und/oder die Wissenschaften studiert, ist erstaunt über die Entdeckungsreise, die zu unserer modernen Sichtweise der natürlichen Dinge geführt hat. Diese Reise ist ein Zeugnis für die beeindruckende Fähigkeit der Vernunft, die Gott auf einzigartige Weise in den Menschen hineingelegt hat.

Wir leben in einem geschaffenen Universum, d. h. es ist nicht allein durch naturalistische Prozesse entstanden. Wir leben auch in einem gut geordneten Universum, d. h. es verhält sich nach einem „Regelwerk“. Dies steht im Einklang damit, dass es von einem ultimativen Gesetzgeber geschaffen wurde, der nicht launisch ist und stattdessen konsequent entsprechend seinem unveränderlichen Wesen handelt (vgl. 1. Korinther 14, 33, Jakobus 1, 17). Das ist der Grund, warum wir die Funktionsweise der Dinge erforschen und rationale Ergebnisse von unseren Experimenten erwarten können.

Es ist jedoch viel schwieriger, allein von diesen Experimenten auszugehen und zu versuchen, damit den Ursprung von allem zu erklären. Wenn eine Person versucht, sozusagen rückwärts bis zur Unendlichkeit Vorhersagen zu machen, muss diese Art von Wissenschaft irgendwann in sich zusammenbrechen. Philosophisch gesehen lauert hinter jeder Ecke nämlich ein Paradoxon. Zum Beispiel befinden wir uns entweder in einem stationären Universum [und damit einem Universum ohne Anfang und Ende, Anm. d. Übers.], das dem 2. Gesetz der Thermodynamik widerspricht, oder wir befinden uns in einem Universum, das einen Anfang hat, aber keine Ursache [weil ein Schöpfer „verboten“ ist, Anm. d. Übers.]. Wissenschaftlich gesehen erkennen wir, wie ein Liebäugeln mit der Urknallphysik zu vielen Spekulationen geführt hat, darunter die Inflationstheorie, dunkle Materie, dunkle Energie, die Feinabstimmung zahlreicher Konstanten (um die Modelle in die richtige Richtung laufen zu lassen) usw. Deshalb kommen wir, sobald wir versuchen zu erklären, wie alles begann – selbst nachdem wir so viel über die Mechanik des Universums gelernt haben –, in das Reich des Glaubens. Es stimmt zwar, dass es für Vertreter einer jungen Erde noch viele Rätsel zu lösen gibt, aber da Evolutionisten ihre eigenen Rätsel mit dem Satz „es ist die Aufgabe der Wissenschaft, diese Rätsel zu lösen“ vom Tisch fegen, sollten für kreationistische Wissenschaftler die gleichen Zugeständnisse gemacht werden.

Die Frage, ob die Erde im Mittelpunkt des Universums steht oder nicht, ist nicht so einfach zu beantworten wie die Frage nach einer „flachen Erde“. Diese beiden Ideen sind nicht nur zwei verschiedene Fragestellungen, sondern es gibt auch keinerlei nennenswerte Hinweise für die Auffassung einer „flachen Erde“ unter Wissenschaftlern, selbst wenn man bis zu den alten Griechen zurückgeht. Tatsächlich berechnete ein griechischer Gelehrter namens Eratosthenes von Kyrene (276-194 v. Chr.) den Umfang der Erde (mit erstaunlicher Genauigkeit). In den Kreisen christlicher Wissenschaftler scheint kein namhafter Theologe jemals an eine flache Erde geglaubt zu haben, und zwar nicht nur deshalb, weil es sich offenbar anders verhält, sondern auch deswegen, weil die Bibel so etwas nirgends behauptet. Namhafte Theologen der gesamten christlichen Ära glaubten, dass die Erde kugelförmig ist. Schon im fälschlicherweise als „finsteres Mittelalter“ bezeichneten Zeitalter schrieb der führende angelsächsische Gelehrte und Mönch „Beda der Ehrwürdige“ (673-735 n. Chr.), der einer der meistgelesenen Gelehrten für die nächsten 1000 Jahre werden sollte, dass die Erde:

„…in ihrer Ausdehnung wie ein Kreis erscheint, und zwar nicht kreisförmig wie eine Platte, sondern wie eine Kugel, und sie erstreckt sich von ihrem Zentrum aus mit perfekter Rundung nach allen Seiten hin.“1

question-mark
iStock

Die Beziehung zwischen einer kugelförmigen Erde und dem Universum war jedoch von Anfang an eine schwer zu knackende Nuss, und die damit verbundenen Schwierigkeiten lasteten schwer auf vielen berühmten Wissenschaftlern. Das Hauptproblem ist, dass wir hier auf der Erde sind, und dass sich für uns alles um unseren Planeten zu drehen scheint. Wir haben nicht das Gefühl, dass wir durch den Himmel segeln. Wir haben nicht das Gefühl, dass wir uns überhaupt bewegen. Ist es möglich, bei diesem Thema Fakten und Fiktion auseinanderzuhalten? In der Tat, ja. Die Antwort darauf ist sowohl elegant als auch befriedigend, aber wir müssen ein wenig nachdenken, um das Rätsel zu lösen.

Phänomenologische biblische Sprache

Gutmeinende christliche Geozentristen sagen im Grunde genommen: „Die Bibel sagt, dass die Sonne auf- und untergeht und dass sich die Erde nicht bewegt, damit ist die Sache klar.“ Sagt die Bibel jedoch wirklich, dass absoluter Geozentrismus wahr ist? Der Gebrauch von Sprache erschwert dieses Thema. Selbst heute verwenden Menschen, sowohl beim Schreiben als beim Reden oft „phänomenologische Sprache“. In der Tat wäre es fast unmöglich, viele Gespräche zu führen, wenn wir nicht über Dinge wie „Sonnenaufgang“ oder „Sonnenuntergang“ sprechen würden (nur zu, versuchen Sie einmal, einen Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang zu beschreiben, ohne dabei den Eindruck zu erwecken, als seien Sie selbst stationär und die Sonne in Bewegung, und vergleichen Sie dann ihren Versuch mit unserem Versuch unten).

Aber das betrifft nicht nur uns: Der führende römische Dichter Virgil (70-19 v. Chr.) schrieb: „Wir sind vom Hafen aufgebrochen, und Länder und Städte ziehen sich zurück“ (Äneid 3, 72). Diese Zeile wurde sowohl von Kopernikus als auch von Kepler zitiert. Ebenso gibt es in der inspirierten Schrift die Stelle in Apostelgeschichte 27, 27, wo im Griechischen wortwörtlich steht: „Gegen Mitternacht begannen die Matrosen zu spüren, dass sich ihnen Land näherte“ (Berean Literal Bible, die wörtlichste englische Übersetzung, die die griechische Akkusativ- und Infinitivkonstruktion aufrecht erhält). Dies sind zwei Fälle, wo man von einem „nautozentrischen“ Bezugsrahmen reden würde, und die zeigen, dass der geozentrische Bezugsrahmen nicht der einzige war, den die Menschen der Antike kannten.

So müssen wir selbst dann, wenn wir Bibelstellen zu Rate ziehen, auf den richtigen Gebrauch der Sprache achten. Dies wurde im Mittelalter von dem Klerus der Gelehrten beachtet, wie z. B. dem Priester Jean Buridan (ca. 1300-c. 1360 n. Chr.), dem Bischof Nikolaus von Oresme (ca. 1320-1382 n. Chr. ),2,3 und dem Kardinal Nikolaus von Kues (1401-1464 n. Chr.).4 Wenn sie meinen, dass diese Männer unbedeutend waren, dann bedenken Sie, dass Buridan eine Formulierung aufstellte, die das Prinzip der Beschreibung von Bewegungen mit Bezug auf Bezugsrahmen vorwegnahm, und damit den Weg für Galileo, Newton und Einstein ebnete. Seine Idee des Impetus nahm Galileis Konzept der Trägheit und Newtons erstes Bewegungsgesetz vorweg.5 Der Wissenschaftshistoriker James Hannam kommentiert:

„Wie auch viele andere mittelalterliche Christen erwartete Buridan, dass Gott die Dinge auf elegante Weise arrangiert hatte, und zwar immer so, dass er genau das tun konnte, was gerade wollte. Obwohl die Eleganz zwar eine Vermutung war, musste man dennoch die empirischen Fakten erst überprüfen, um zu sehen, ob Gott wirklich so vorgegangen war.“6

Dr. Henry Richter, Dr. Robert Carter, Dr. Jonathan Sarfati, und CMI-US CEO Gary Bates diskutieren die „Lehre“ der flachen Erde und den Geozentrismus.

Nikolaus von Kues, der fast genau 100 Jahre nach Buridan lebte, schrieb eloquent über dieses Thema:

„Es ist uns bereits klar geworden, dass die Erde tatsächlich bewegt wird, auch wenn wir dies nicht wahrnehmen. Denn wir erfassen Bewegung nur durch einen gewissen Vergleich mit etwas Stillstehendem. Wenn zum Beispiel jemand nicht wüsste, dass ein Gewässer fließt und das Ufer nicht gesehen hat, während er sich auf einem Schiff in der Mitte des Gewässers befindet, wie würde er erkennen, dass das Schiff bewegt wird? Und weil es jedem Menschen (ob nun auf der Erde, der Sonne oder einem anderen Stern) immer so vorkommt, als wäre er sozusagen im „unbeweglichen“ Zentrum und alle anderen Dinge in Bewegung, würde er, wenn er auf der Sonne wäre, eine Reihe von Markierungspfosten setzen, die auf ihn selbst bezogen wären; auf der Erde würde er entsprechend andere Markierungspfosten aufstellen, und auch auf dem Mond, dem Mars und so weiter. Daher hat die Weltmaschine sozusagen überall ihr Zentrum und nirgends ihren Rand; denn Gott, der gleichzeitig überall und doch an keinem bestimmten Ort ist, ist ihr Rand und ihr Mittelpunkt.“7

Hieraus wird klar, dass er glaubte, dass sich die Erde durch den Raum bewegt, und er verstand das Prinzip des Bezugsrahmens (das im Folgenden näher erläutert wird). Buridan und von Kues lebten vor der kopernikanischen Revolution, was bedeutet, dass die nachfolgenden Wissenschaftler ihre Ideen nicht unabhängig von diesen Vorgängern entwickelten.8 Gelehrte hatten Jahrhunderte zuvor ihren Weg geebnet.

Wenn wir uns die biblischen Texte ansehen, die als „Beweis“ dienen, stellen wir fest, dass die meisten Texte von den Personen, die für absoluten Geozentrismus plädieren (d. h. die Ansicht, dass die Erde fest steht und sich nicht dreht, während sich alles im Universum einmal täglich um uns dreht), aus dem Zusammenhang gerissen werden. Dieses aus-dem-Zusammenhang-Reißen erfolgt sowohl durch Bibelskeptiker als auch unglücklicherweise durch moderne Geozentristen, die ihre Ansichten wie ein Evangelium verteidigen.

Es gibt viele Verse, die einen allgemeinen Bezug zum „Sonnenaufgang“ haben, darunter 1. Mose 19, 23, 2. Mose 22, 2, Richter 5, 31, Richter 9, 33, Hiob 9, 7, Psalm 104, 22, Prediger 1, 5, Nahum 3, 17, Matthäus 5, 45, Markus 16, 2 und Jakobus 1, 11. Es gibt auch eine Reihe von Versen, die „Sonnenaufgang“ mit Bezug auf die Himmelsrichtung „Osten“ verwenden, was vollkommen Sinn macht, darunter 4. Mose 2, 3, 4. Mose 3, 38, 4. Mose 34, 15, Josua 1, 15, Josua 12, 1, Josua 13, 5, Josua 19, 12 und Josua 19, 13. In der Tat hat das üblicherweise für „Osten“ verwendete griechische Wort, ἀνατολή (anatolē, z. B. in Matthäus 2, 1), die primäre Bedeutung von „Aufgang“, meist mit Bezug auf die Sonne. An anderen Stellen wird „Sonnenaufgang“ in einem prophetischen oder poetischen Sinne verwendet, einschließlich dem Vers Lukas 1, 78 (auch dort anatolē), der in der Mitte der Prophezeiung von Zacharias, dem Vater von Johannes dem Täufer, steht, und wo Christus mit dem Sonnenaufgang verglichen wird, „der uns von oben besuchen wird“. Dies ist ähnlich der Prophezeiung von Maleachi 3, 20, die behauptet: „Wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen…“. Weitere Hinweise finden sich in Psalm 50, 1 („Der Mächtige, Gott der Herr, er redet und ruft die Erde vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang“), Maleachi 1, 11 („Denn vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang soll mein Name groß werden unter den Heidenvölkern…“), und Psalm 113, 3 („Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelobt der Name des HERRN!“).

Es gibt auch viele Verse, die einen Bezug zum „Sonnenuntergang“ haben, darunter 1. Mose 28, 11, 5. Mose 16, 6, 5. Mose 23, 12, 5. Mose 24, 13, 5. Mose 24, 15, Josua 8, 29, Josua 10, 27, 1. Könige 22, 36, 2. Chronik 18, 34, Psalm 50, 1, Psalm 104, 19, Psalm 113, 3, Prediger 1, 5, Daniel 6, 15, Maleachi 1, 11 und Lukas 4, 40.

Keiner dieser Verse stellt eine Herausforderung für die geokinetische Theorie dar und keiner unterstützt tatsächlich den Geozentrismus, denn jeder Vers stellt eine zulässige Anwendung phänomenologischer Sprache dar; außerdem verwenden wir, wie bereits erwähnt, jeden Tag ähnliche Sätze, ohne dabei die Absicht zu haben, die Leute Glauben zu machen, wir seien Geozentristen. (All diese Verse widerlegen hingegen bestimmte Varianten einer flachen Erde, bei denen die Sonne in konstanter Entfernung über einer flachen Scheibe ihre Bahn zieht!) Wenn moderne geokinetische Astronomen lehren, tun sie das mit Hilfe eines Planetariums, das die Erde als Zentrum einer unendlich ausgedehnten Himmelskugel betrachtet, wobei jede Menge an phänomenologisch-„geozentrischen“ Begriffen wie Zenit, Nadir, Himmelspole und Äquator verwendet werden. Solche Sprachkonventionen sind für eine einfache Kommunikation notwendig.

Es gibt jedoch auch andere Passagen, die eine sorgfältigere Exegese [bzw. Auslegung, Anm. d. Übers.] erfordern. Nachdem die Israeliten den Jordan nach Kanaan überquert hatten, besiegten sie die Städte Jericho und Ai (Josua 1-8). Bald darauf brachten die Einwohner von Gibeon Israel dazu, mit ihnen einen Bund einzugehen (Josua 9). Gibeon war westlich von Ai und kam offensichtlich als nächstes Ziel für die Invasionsarmee in Frage. Die anderen Völker in der Gegend waren wütend und zogen gegen die Gibeoniter in den Krieg. Israel kam ihnen zu Hilfe und es wurde ein großer Kampf geführt (Josua 10). Mitten in diesem Kampf sagt die Bibel in Josua 10, 12-14:

„Da redete Josua zu dem HERRN an dem Tag, als der HERR die Amoriter vor den Söhnen Israels dahingab, und sprach in Gegenwart Israels: Sonne, stehe still in Gibeon, und du, Mond, im Tal Ajalon! Da stand die Sonne still, und der Mond blieb stehen, bis sich das Volk an seinen Feinden gerächt hatte. Ist dies nicht geschrieben im Buch des Aufrichtigen? So blieb die Sonne mitten am Himmel stehen und eilte nicht unterzugehen, beinahe einen ganzen Tag. Und kein Tag war diesem gleich, weder zuvor noch danach, dass der HERR [so] auf die Stimme eines Mannes hörte; denn der HERR kämpfte für Israel.“

Diese sehr berühmte Passage beschreibt „Josuas langen Tag“ und wird oft verwendet, um geozentrische Ansichten zu unterstützen, aber was sagt sie wirklich? Offensichtlich beziehen sich ihre Aussagen auf ein lokales Bezugssystem bzw. einen lokalen Bezugsrahmen. Warum? Weil die Sonne, die über Gibeon stand, tatsächlich nirgendwo im Zenit erscheinen konnte außer in der unmittelbaren geographischen Nähe von Gibeon. Das Tal von Ajalon liegt westlich von Gibeon. Daher wäre der Mond für jemanden, der in Ajalon stand, nicht nur ein Stück weit westlich von Gibeon erschienen [wie für jemanden mit Beobachtungsstandpunkt in Gibeon – Anm. d. Übers.] – er wäre weit draußen über dem Mittelmeer erschienen!9 Viele behaupten, dass diese Passage lehrt, dass Gott die sich bewegende Sonne und den sich bewegenden Mond stoppte. Es spricht jedoch nichts dagegen, dass er stattdessen vorübergehend eine rotierende Erde (zusammen mit ihrer Hydrosphäre und Atmosphäre) verlangsamte. Dies würde den gleichen Effekt erzeugen. Oder er hätte alle Bewegungen im gesamten Universum stoppen können. Wieder dasselbe Ergebnis. Dass historisch betrachtet tatsächlich etwas Universelles passierte, zeigen uns Legenden über eine lange Nacht in Völkern, die auf der anderen Seite der Erde beheimatet sind.10

Beachten Sie, dass die Erwähnung des Mondes ein Hinweis auf Authentizität ist. Die Amoriter waren Sonnenanbeter, so dass es Sinn macht, dass Gott seine Macht über den falschen Gott der Amoriter demonstrieren wollte. Falls Gott dies durch eine Verlangsamung der Erdrotation erreichte, wie von uns vorgeschlagen, dann hätte dies auch die Relativbewegung des Mondes beeinflusst, der andernfalls gar nicht hätte erwähnt werden müssen.

Lassen Sie uns auch nicht die Umkehr des Sonnenlaufs zur Zeit von Hiskia vergessen (2. Könige 20, 5-11, Jesaja 38, 1-8), ein Ereignis, das von Astronomen außerhalb Jerusalems beobachtet wurde oder ihnen zumindest aufgefallen war (2. Chronik 32, 24-31). Solche Abweichungen von der wissenschaftlichen Norm ermöglichen es uns, Wunder zu erkennen, wenn sie geschehen. In einem geozentrischen Universum ist hingegen alles ein gewaltiges Wunder ohne einfache Erklärung (siehe unten). Sicherlich würde ein Geozentrist nicht erwarten, dass die Sonne plötzlich stehen bleibt oder sich rückwärts bewegt, aber hätte er dafür wirklich gute Gründe? Er hat ja keine rationale Erklärung für die Funktionsweise des Universums, warum also könnte so etwas Ungewöhnliches nicht passieren?!

Psalm 96, 10 ist ein weiterer kritischer Vers, den wir verstehen müssen. Er besagt:

„Sagt unter den Heiden: Der HERR regiert als König! Darum steht auch der Erdkreis fest und wankt nicht. Er wird die Völker gerecht richten.“

Ähnliche Aussagen wie, dass „die Erde nicht bewegt werden soll“, erscheinen in Psalm 93, 1 und Psalm 104, 5. Besagen diese Verse nicht, dass sich die Erde nicht bewegt bzw. stillsteht? Nein, das tun sie nicht, und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Das hebräische Wort מוֺט (mot) bedeutet „bewegen, wanken, schwanken, erschüttern“11 und wird auch an anderen Stellen genauso übersetzt. Das Gegenteil von „bewegen“ bzw. „beweglich“ kann, wie in diesen Versen, „unbeweglich“ bedeuten, aber es kann auch mit „unerschütterlich“ übersetzt werden. Psalm 55, 23 und Psalm 112, 6 sagen, dass die Gerechten nie wanken werden. Dasselbe Wort, ähnlicher Kontext, aber offensichtlich bedeutet es hier nicht, dass die Leute an Ort und Stelle fixiert sind! Wenn sich aber die Gerechten bewegen können, gilt das auch für die Erde. Entsprechend sagt Psalm 121, 3, dass Gott „deinen Fuß nicht wanken lassen“ wird, aber ein paar Verse weiter ist die Rede vom „Eingang“ und „Ausgang“, was bedeutet, dass sich die Füße bewegen müssen, so dass offenbar nicht „unbeweglich“ sondern stattdessen metaphorisch oder poetisch „fest“ oder „unerschütterlich“ gemeint ist. Auch Psalm 16, 8 sagt: „Ich wanke nicht“, und selbst die meisten Bibelskeptiker und Geozentristen würden nicht meinen, dass der Psalmist in einer Zwangsjacke sitzt! Schließlich sagt Psalm 125, 1, dass diejenigen, die auf den Herrn vertrauen, wie der Berg Zion sind, der nicht bewegt werden kann und für immer bleibt. Dies ist vielleicht eine Stelle, an der man eher von „nicht bewegt werden“ reden kann, denn wir sprechen ja von einem Berg, aber selbst dieser wird in Zukunft im Feuer der Elemente vergehen (nach den meisten Ansichten zur Eschatologie), so dass der hier verwendete poetische Ausdruck in seiner Bedeutung klar ist.

Ein weiteres Problem ist die Verwendung des Wortes „Firmament“ in 1. Mose 1 in der englischen King James-Übersetzung [und in der deutschen Luther-Übersetzung, die entsprechend mit „Feste“ übersetzt, Anm. d. Übers.]. Dieses Wort entstammt direkt den geozentrischen Ansichten von Ptolemäus (90-168 n. Chr.) und seinen Vorgängern, wenn auch auf einem langen Weg. Um 250 v. Chr. übersetzten jüdische Gelehrte in Alexandria, Ägypten, die hebräische Bibel ins Griechische, um die Septuaginta (LXX) herzustellen. Leider griffen sie dabei einige Elemente der griechischen Kosmologien – eine von konzentrischen Kristallkugeln umgebene kugelförmige Erde – auf, und übersetzten das hebräische Wort רקיע (rāqîya‘) mit steréōma (στερέωμα). Steréōma kommt von dem Wort στερεόω (stereoō) – „etwas fest oder stabil machen“ bzw. „fest und stabil sein“. Diese Bedeutung wurde in Jeromes lateinischer Vulgata durch das Wort „firmamentum“ übernommen, und von dort im Wesentlichen in der King James Übersetzung mit „Firmament“ übersetzt („Feste“ bei Luther). Der Sachverhalt ist ein Beispiel dafür, wie die Wissenschaft der damaligen Zeit die Bibelübersetzung beeinflusste, und wie ihr Einfluss fast 2.000 Jahre lang weiterwirkte! Ein weiteres Beispiel dafür, wie die griechische Kosmologie jüdische Übersetzer beeinflusste, stammt von Josephus. Er bezeichnete das am zweiten Tag geschaffene rāqîya‘ als κρύσταλλος (crystallos, d. h. Kristallkugel) um die Erde herum (Jüdische Altertümer 1(1), 30). [Mit diesen Hinweisen soll nicht die King James oder Luther-Übersetzung in Misskredit gebracht werden. CMI bezieht keine besondere Position zu Bibelübersetzungen, aber dieses eine Wort stammt nachweislich aus den wissenschaftlichen Ansichten der damaligen Zeit.]

In diesem Zusammenhang gibt es unter Kreationisten eine gewisse Debatte über die Bedeutung von rāqîya‘. Kulikovsky weist auf Folgendes hin:

„Beachten Sie auch, dass die semantischen Bereiche von stereōma und Firmamentum nicht mit rāqîya‘ übereinstimmen. Das hebräische Wort rāqîya‘ bezieht sich auf etwas Flexibles oder Formbares, das ausgestreckt wurde. Wie Livingston es ausdrückt: `Die Betonung im hebräischen Wort rāqîya‘ liegt nicht auf dem Material selbst, sondern auf dem Akt der Ausbreitung oder dem Zustand der Ausdehnung´.12 Stereōma und firmamentum hingegen beziehen sich auf etwas Hartes, Festes und Starres.13 Tatsächlich räumt Seely ein, dass die historische Etymologie von rāqîya‘ und rāqa `nicht klar beweist, dass rāqîya‘ in 1. Mose 1 etwas Festes ist´“14,15

J.P. Holding drückt es so aus:

„…die Beschreibung dessen, was `raqiya´ ist, ist zweideutig und sie ist nicht genau genug; man kann daher nur dann einen `festen´ Himmel in den Text hineinlesen, wenn man bereits davon ausgeht, dass es ihn tatsächlich gibt. Man kann jedoch gute Gründe dafür anführen, dass man 1. Mose 1 so versteht, dass es im Einklang mit dem ist, was wir heute über die Beschaffenheit des Himmels wissen.“16

Auch wenn mehrere Interpretationen gleichermaßen passend sind, bedeutet rāqîya‘ auf keinen Fall „feste Kuppel“.

Wie wir noch sehen werden, ging es auch in der Debatte um den Geozentrismus vor allem um die Wissenschaft; oder wie der Wissenschaftsphilosoph Thomas Kuhn (1922-1996 n. Chr.) es ausdrückte, um einen Paradigmenwechsel in der Wissenschaft.17,18 Die meisten Menschen der Vergangenheit drückten sich mit geozentrischen Begriffen aus, wie auch die meisten Leute heute, die sagen: „Die Sonne geht unter“ und nicht „Die Rotation der Erde verwandelt jetzt meine Blickrichtung zur Sonne in eine Tangente, die an meiner Position die Erdoberfläche berührt“. Das bedeutet freilich nicht, dass die meisten von uns heute Geozentristen sind!

Es gibt also in Wahrheit gar kein wirkliches biblisches Problem mit einer geokinetischen Sichtweise. Wir haben es hier mit einer anderen Argumentation zu tun wie im Fall der Frage „Ist Evolution wahr?“ oder „Kriegen wir in der Bibel Millionen von Jahren Erdgeschichte unter?“ Es geht nicht darum, dass wir mit Hilfe von „Wissenschaft“ Erkenntnisse zur biblischen Theologie gewinnen wollen, was nur dahingehend enden kann, dass evolutionistische Zeitvorstellungen mit der Bibel verschmolzen werden. Stattdessen ist die Wechselbeziehung der Erde mit dem Universum ein offenes Thema, das drängt, erforscht zu werden. Wir haben hier ein Beispiel für den Unterschied zwischen ministerieller [d. h. dienender, Anm. d. Übers.] und magisterieller [d. h. herrschender, Anm. d. Übers.] Nutzung der Wissenschaft. Die Geokinetik ist ministeriell, da sie uns hilft, biblische Texte zu erläutern, die in zwei verschiedenen Richtungen gedeutet werden können. Im Gegensatz dazu basieren Langzeit-Evolutionsvorstellungen auf einem magisteriellen Missbrauch der Wissenschaft, um die Heilige Schrift außer Kraft zu setzen, mit fatalen theologischen Folgen, wie zum Beispiel dem Tod vor Adams Sünde [während uns die Heilige Schrift unmissverständlich erklärt, dass der Tod erst kam, nachdem Adam gesündigt hatte, Anm. d. Übers.].

Logik und Wissenschaft

Die folgende Betrachtung soll Christen helfen, Kritiker zu widerlegen und zu verstehen, warum Geokinetik sowohl gute Wissenschaft als auch biblisch zulässig ist.

Das logische Hauptproblem des absoluten Geozentrismus ist Folgendes: Es ist nicht so, dass wir nicht in der Lage wären, eine geozentrische Kosmologie (als eine unter vielen möglichen Bezugssystemen) zu konstruieren. Das eigentliche Problem ist stattdessen, dass es keinen wissenschaftlichen oder biblischen Grund dafür gibt - es gibt dafür einfach kein dynamisches Modell, d. h. kein Modell in Form von Kräften als letztliche Ursache von Bewegungen. Daher hat es im Wesentlichen keinen Wert, wenn es um seine Vorhersagekraft geht. Es könnte zwar die Positionen der Planeten genau genug für eine Astronomie vor der Erfindung des Teleskops beschreiben –zugegebenermaßen eine große Leistung – wäre aber unfähig, die Bahnbewegungen von Satelliten anderer Planeten zu erklären. Es wäre in mancherlei Hinsicht nützlich, um z. B. Objekte in die Umlaufbahn zu bringen, um erdgebundene Antennen auf geostationäre Satelliten zu richten, um die Position von Sternen darzustellen usw. Da es jedoch keine Vorhersagekraft hat, wäre ein vollständig geozentrisches Modell sehr, sehr kompliziert. Man müsste eine unüberschaubare Anzahl von Begriffen einführen, um Tausende von Variationen zu berücksichtigen, die leicht durch das geokinetische Modell erklärt werden können. Es gibt aber noch einen anderen, vielleicht wesentlich stärkeren Punkt: Die Geokinetik ist der beste Weg, die Physik zu verstehen! Die Bewegungsgleichungen sind am einfachsten für Partikel, die ein Massezentrum umkreisen, wenn das Zentrum als Ursprung des Koordinatensystems verwendet wird. Die Wissenschaft lebt davon, Vorhersagen zu treffen, und Newtons drei Bewegungsgesetze sowie die Theorie der Schwerkraft (zusammen mit Einsteins weiteren Verfeinerungen) sind eine der erstaunlichsten „Vorhersagemaschinen“ in der Geschichte der Menschheit. Da die Schrift nicht verlangt, dass eine stationäre Erde der einzige gültige Bezugsrahmen ist (was absoluter Geozentrismus bedeutet), warum sollten wir daher an einem erdzentrierten, erdfesten Bezugsrahmen festhalten?

Das wissenschaftliche Hauptproblem des Geozentrismus ist Folgendes: Wenn der absolute Geozentrismus wahr wäre, dann wären die Gesetze der Physik nicht universell. Das heißt, Experimente, die wir auf der Erde durchführen, könnten nicht auf Dinge außerhalb unserer Atmosphäre angewendet werden, da die Newtonschen Gesetze der Bewegung und Schwerkraft nicht erklären könnten, was wir sehen. Das ist ein großes Problem, denn jedes Mal, wenn wir etwas im Weltraum tun, verhält sich alles nach denselben Gesetzmäßigkeiten wie hier auf der Erde. Absoluter Geozentrismus erfordert ein Universum, das nicht überall nach den Newtonschen Gesetzen funktioniert. Man kann zwar versuchen, die Art und Weise zu beschreiben, wie sich Objekte um die Erde in einem absolut geozentrischen System drehen, aber die Schwerkraft könnte nicht dazu verwendet werden, um die Bewegung dieser Objekte im Weltall zu erklären; eine andere Kraft wäre erforderlich, um das Universum zusammenzuhalten! Ab wann würde es nicht mehr funktionieren? Sicherlich bevor wir den Mond erreichen, denn dieser muss ja einmal am Tag die Erde umkreisen. Der Punkt ist aber der: es gibt in Wahrheit gar keine solche Begrenzung! Wir können ein Flugzeug fliegen, einen Satelliten starten, Objekte bis zum Rand unseres Sonnensystem schicken, und trotzdem gibt es keinen Ort, wo die Newtonsche Mechanik nicht funktioniert. So gelang es beispielsweise der Rosetta-Sonde der Europäischen Weltraumorganisation Ende 2014, den Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko zu erreichen und zu umkreisen. In einer heiklen und komplexen Reihe von Manövern ließ die Sonde das Landegefährt „Philae“ auf der Oberfläche des Kometen aufsetzen. Alles bei diesem Rendezvous kann durch Newtonsche Physik erklärt werden, und es ist die gleiche Physik, die hier auf der Erde funktioniert. Wenn sich alles da draußen wie erwartet verhält, basierend auf Experimenten hier auf der Erde, bedeutet das nicht, dass Geokinetik wahr ist und absoluter Geozentrismus nicht? Wenn Sie die Schwerkraft nicht verwenden können, um die Bewegung von Objekten im Sonnensystem zu erklären, können Sie die Schwerkraft auch nicht verwenden, um die Bewegung von Raumsonden zu erklären, die zwischen diesen Objekten hin- und herfliegen. So einfach ist das.

Wenn man es so betrachtet, ist absoluter Geozentrismus nichts anderes als „Briefmarkensammeln“. Man kann nicht viele Vorhersagen machen. Man kann nur beschreiben, was man sieht. Im Wesentlichen können nur Beobachtungen beschrieben werden, ohne in der Lage zu sein, diese zu erklären. Die Stärke des geokinetischen Modells liegt darin, dass es auf einer einfachen Beobachtung basiert, die dann zur Erklärung mehrerer Phänomene verwendet werden kann. Die Achillesferse für diejenigen, die immer noch glauben, dass sich die Erde nicht bewegt, ist, dass ihr „Modell“ nichts anderes ist als eine Aneinanderreihung voneinander unabhängiger Phänomene.

Die Griechen

Der Hauptakteur der geozentrischen Debatte ist ein Mann namens Claudius Ptolemäus (90-168 n. Chr.), ein griechischer Gelehrter, der im zweiten Jahrhundert n. Chr. in der ägyptischen Stadt Alexandria lebte. Er hatte einen tiefen Einfluss auf diese Debatte, so dass heute die Begriffe „geozentrisch“ und „ptolemäisch“ austauschbar sind. Vor ihm gab es jedoch keine Einigkeit unter den griechischen Denkern. In der Tat gab es vor dem Geozentrismus von Ptolemäus eine Reihe von heliozentrischen Ansichten. Der griechische Gelehrte Aristarchus von Samos (310-230 v. Chr.) vertrat solche Ansichten. Interessanterweise behauptete er, dass die Sonne weiter entfernt sein müsse als der Mond, weil der Mond die Sonne verdunkeln kann. Da Sonne und Mond beide die gleiche scheinbare Größe haben, argumentierte er, müsse die Größe der Sonne proportional zu ihrer vom Mond an gerechneten Entfernung sein. Er unterschätzte allerdings die Größe der Sonne (und damit ihre Entfernung) um den Faktor 10. Aber selbst seine Schätzung ergab einen Durchmesser der Sonne, der viel größer als die Erde ist, so dass er zu dem Schluss kam, dass die Erde die Sonne umkreist. Er war nicht der Einzige, der mit diesem Problem zu kämpfen hatte. Die Debatte war berühmten Persönlichkeiten wie Archimedes (287-212 v. Chr.), Seneca (4 v. Chr. - 45 n. Chr.), Plinius dem Älteren (23-79 n. Chr.) und Plutarch (45-120 n. Chr.) wohlbekannt.

Für die meisten Menschen damals gab es gute Gründe, an den Geozentrismus zu glauben, und die Gelehrten führten viele Indizien an, um ihn zu unterstützen. Nikolaus Kopernikus (1473-1543 n. Chr.) fasste die Argumente in Kapitel 7 seines Buches „De revolutionibus orbium coelestium“ zusammen:19

„Daher“, stellt Ptolemäus von Alexandria fest (Syntaxis,20 1, 7), „wenn sich die Erde in einer täglichen Rotation befinden würde, müsste das Gegenteil von dem geschehen, was oben gesagt wurde, da die Bewegung sehr gewaltsam und ihre Geschwindigkeit unübertroffen groß sein müsste, um den gesamten Umfang der Erde in 24 Stunden einmal um sich selbst drehen zu lassen. Dinge, die eine starke Rotation erfahren, scheinen nicht in der Lage zu sein, sich zu sammeln (nämlich zu Körpern), und es scheint wahrscheinlicher, dass sie, wenn sie durch ein Zusammenfügen verschiedener Teile entstanden, wieder auseinanderfliegen würden, es sei denn, sie würden durch eine feste Verbindung zusammengehalten. Die Erde wäre längst auseinandergerissen“, sagt er, „und vom Himmel gefallen“ (eine ziemlich absurde Vorstellung); „darüber hinaus würden Lebewesen und andere nicht befestigte lose Massen keineswegs unbeweglich bleiben. Auch würden keine geradlinig fallenden Objekte sich senkrecht nach unten zu ihrem vorbestimmtem Platz bewegen, wenn dieser Platz sich während dem Fall schnell an eine andere Stelle bewegen würde. Außerdem würden Wolken und alles andere, was in der Luft schwebt, immer nach Westen driften.“

Kopernikus verwendete die aristotelische Terminologie seiner Gegner, wobei für ihn „gewaltsam“ einfach „durch eine äußere Kraft verursacht“ bedeutete, denn niemand kannte schon das zweite Newtonsche Gesetz. In dieser Terminologie demonstriert z. B. ein Buch, das von einem Tisch fällt, eine „natürliche Bewegung“, während das in-die-Hand-nehmen des Buchs eine „gewaltsame“ Bewegung ist. Bedenken Sie jedoch die Auswirkungen dieser aristotelischen Sichtweise: Wenn eine äußere Kraft „gewaltsam“ ist, verliert die experimentelle Wissenschaft an Gültigkeit, weil jede experimentelle Manipulation dann nicht „natürlich“ sein kann!

Einige Menschen der Antike versuchten zu argumentieren, dass, wenn sich die Erde dreht, sie auseinander fliegen würde; Menschen und Tiere würden von der Oberfläche geschleudert werden, fallende Objekte müssten eine gekrümmte Bahn haben, wenn sie zu Boden fallen, und es sollte ein ewiger Ostwind wehen, wie Kopernikus oben bereits erklärte. Dann aber greift Kopernikus diese Argumente auf und wendet sie auf sich selbst an, was in Kapitel 8 zu einer noch viel größeren Herausforderung führt:

„Aus diesen und ähnlichen Gründen bestanden die Menschen der Antike darauf, dass die Erde in der Mitte des Universums in Ruhe bleibt und dass dies ohne Zweifel ihr dauerhafter Zustand sei. Wenn aber jemand trotzdem glaubt, dass sich die Erde dreht, wird er sicherlich meinen, dass ihre Bewegung `natürlich´ und nicht `gewaltsam´ ist… Ptolemäus hat schlicht keinen Grund zu befürchten, dass die Erde und alles Irdische durch eine Drehung, die durch die Handarbeit der Natur erzeugt wird, gestört wird…

Warum aber ist er nicht noch mehr um das gesamte Universum besorgt, dessen Bewegung ja viel schneller sein muss, da es viel größer als die Erde ist? Oder hat sich das Universum etwa unendlich ausgedehnt, weil die unbeschreibliche Gewalt seiner Bewegung es aus dem Zentrum treibt? Würde das Universum auseinanderbrechen, wenn es zum Stillstand käme? Wenn dieses Argument gelten würde, würde das Universum sich sicher bis ins Unendliche ausdehnen. Denn je weiter es durch die Kraft der Bewegung auseinandergetrieben würden, desto schneller würde die Bewegung sein, da der Umfang, den es in einem Zeitraum von 24 Stunden zurücklegt, sich ständig vergrößern würde; je schneller die Bewegung, desto größer die Ausdehnung des Universums. Auf diese Weise würde die Geschwindigkeit die Ausdehnung, und die Ausdehnung die Geschwindigkeit bis ins Unendliche vergrößern. Doch nach dem bekannten Axiom der Physik, dass das Unendliche nicht überschritten noch in irgendeiner Weise bewegt werden kann, wird das Universum daher zwangsläufig stationär bleiben.“

Wie wir noch sehen werden, wurde damit nicht nur eine Antwort gegeben auf das Argument „Die Erde wird auseinanderfliegen“, sondern gleich auch noch auf die anderen Argumente, die einige der Menschen der Antike versuchten zu verwenden.

Die Kirchenväter

Die wenigen Kirchenväter, die das Thema überhaupt erörterten, waren Geozentristen. Es ist jedoch nicht ganz fair, wenn moderne Geozentristen die frühen Kirchenväter zur Unterstützung ihrer Argumentation zitieren. Erstens waren auch alle damaligen Heiden für den Geozentrismus, so dass die Kirchenväter [mit ihrer geozentrischen Auffassung, Anm. d. Übers.] nur den „gesunden Menschenverstand“, zeitgenössische wissenschaftliche Ideen oder einfach den allgemeinen Sprachgebrauch widerspiegelten. Sie leisteten kaum eine prinzipientheologische Opposition zur Geokinetik.

Zweitens wurden sie durch die fehlerhafte Übersetzung von rāqîya‘ in den verfügbaren griechischen und lateinischen Übersetzungen beeinflusst. Drittens war ihr Geozentrismus ptolemäischer Geozentrismus, während moderne Geozentristen tatsächlich die tychonische [nach dem dänischen Astronomen Tycho Brahe, Anm. d. Übers.], geo-heliozentrische Hybrid-Ansicht vertreten (siehe unten). Da keiner der Kirchenväter diese moderne Sichtweise hatte, wie kann man sie dann zur Unterstützung dieser Sichtweise zitieren?

Und viertens kam die erste echte intellektuelle Herausforderung für den absoluten Geozentrismus von gottesfürchtigen Anhängern einer weitgehend biblischen Weltanschauung…

Das Mittelalter

Dank der Bemühungen führender Persönlichkeiten wie Boethius (480-525 n. Chr.), der in der Nachfolge von Aristoteles und Ptolemäus stand (sie hatten schließlich nicht bei allem Unrecht), wussten die Gelehrten im Mittelalter, dass die Erde nur ein Punkt im Vergleich zur Weite des Weltraums war:

„Wie Sie den Ausführungen der Astronomen entnehmen können, ist man sich darüber einig, dass im Vergleich zur Weite des Weltraums die gesamte Ausdehnung der Erde lediglich wie ein Punkt erscheint; d. h. wenn man die Erde mit der Weite der himmlischen Sphäre vergleichen würde, müsste man zu dem Schluss kommen, dass sie überhaupt kein Volumen hat.“21

Und doch akzeptierten die meisten von ihnen die geozentrischen Ansichten ihrer Zeit. Thomas von Aquin (1225-1274 n. Chr.) wirkte stark dabei mit, die aristotelische Philosophie und ihren Cousin, die ptolemäische Astronomie, in den Köpfen seiner damaligen Zeitgenossen fest zu etablieren. Nach ihm stellten jedoch einige Kleriker im Mittelalter die aristotelische Philosophie direkt in Frage. Tatsächlich erlebte das Mittelalter die Geburtsstunde der Universitäten, wo die Hinterfragung von autoritativen Lehrmeinungen oft gefördert wurde.22 Wegen der im Vergleich zum Himmel winzigen Größe der Erde schlugen Buridan und Oresme vor, dass es eleganter wäre, wenn sich die Erde selbst dreht und nicht der ganze Kosmos um die Erde rotiert (wobei sie damit in den Spuren einer Reihe griechischer Philosophen wandelten, die dasselbe sagten). Sie beantworteten die meisten biblischen und wissenschaftlichen Einwände, die einige Jahrhunderte später gegen Galileo erhoben werde sollten, konnten aber die Geokinetik nicht als Tatsache beweisen. Hannam erklärt:

„Was Oresme getan hatte, war die Schaffung der Grundlagen. Zwei Jahrhunderte bevor Kopernikus vorschlug, dass die Erde in Bewegung sein könnte, widerlegte er die meisten Einwände gegen eine sich bewegende Erde.“23

Ein häufiger Gedanke im Mittelalter war, dass das Zentrum des Universums der schlechteste Ort sei, wo m an sich befinden könne. Zum Beispiel hat Dantes Göttliche Komödie (um 1310 n. Chr.) neun Höllenkreise im Inneren der Erde, die immer schlimmer werden, je weiter man sich dem Zentrum nähert. Satan befand sich nach dieser Vorstellung inmitten einer (kugelförmigen) Erde, im Zentrum des Universums. Wenn man sich in entgegengesetzter Richtung weg vom Zentrum bewegte, nahmen die neun himmlischen Himmelssphären immer mehr an Tugendhaftigkeit und Nähe zu Gott zu. Wir halten sicherlich nicht an Dantes Vision fest, aber wenn man die Sache so betrachtet, dann war die Verlagerung der Erde weg vom Zentrum in den Augen der Menschen des Mittelalters ein „Upgrade“ und kein „Downgrade“, wie anachronistische Skeptiker des 21. Jahrhunderts behaupten.

War der Heliozentrismus das Ergebnis hermetischen Heidentums?

Einige jüngere Historiker haben versucht, die Behauptung aufzustellen, dass die kopernikanische Theorie von einer Art hermetischer24 Sonnenanbetung getrieben wurde, aber das passt ganz und gar nicht zum Verlauf der Geschichte. Indem sie nämlich die „vollkommene“ Sonne nahmen und sie einfach ins Zentrum schoben, anstatt sie [in ihrer „Vollkommenheit“, Anm. d. Übers.] anzubeten, verfrachteten die Kopernikaner die Sonne an den [für Sonnenanbeter, Anm. d. Übers.] denkbar schlimmstmöglichen Ort.25 Und obwohl die Hermetica unter den Gelehrten zur Zeit von Kopernikus (d. h. in der Renaissance) weit verbreitet war, gehen wir nicht davon aus, dass Kopernikus zu ihren Anhängern gehörte. Kopernikus erwähnte Hermes nämlich nur flüchtig unter anderen antiken Schriften:

„Die Sonne jedoch befindet sich im Ruhezustand, im Mittelpunkt von allem. Denn wer könnte in diesem schönsten Tempel diese Lampe an eine andere oder bessere Position bringen als die, von der aus sie das Ganze gleichzeitig erhellen kann? Denn nicht ohne Grund wird die Sonne von manchen Menschen als die Laterne des Universums bezeichnet, von anderen als ihr Verstand, und von wieder anderen als ihr Gebieter. Hermes Trismegistos bezeichnet sie als sichtbaren Gott, und Sophokles´ Elektra als die Allsehende. So regiert die Sonne in der Tat, als ob sie auf einem königlichen Thron sitzen würde, die Familie der Planeten, die sich um sie drehen. Darüber hinaus wird der Erde die ständige Anwesenheit des Mondes nicht vorenthalten. Im Gegenteil, wie Aristoteles schon in einem Werk über Tiere schrieb, hat der Mond die engste Verwandtschaft mit der Erde; gleichzeitig verkehrt die Erde mit der Sonne und wird für ihre jährlich wiederkehrende Geburt geschwängert.“

Wenn das also ein Problem wäre, was fangen wir dann erst mit dem Apostel Paulus an, der heidnischen Dichtern durch seine Zitate Anerkennung zollte: Aratus (Apostelgeschichte 17, 28), Menander (1. Korinther 15, 33) und Epimenides (Titus 1, 12)? Bei Kopernikus hingegen war es einfach die Heilige Schrift, die er zitierte und in Ehren hielt:

„Würde der gottesfürchtige Psalmist (Psalm 92, 4) nicht vergeblich erklären, dass er durch das Werk des Herrn glücklich gemacht und durch das Werk seiner Hände erfreut wurde, wenn dadurch nicht auch wir uns zur Anbetung des höchsten Gutes gedrängt fühlen würden, als würde uns ein ganzes Pferdegespann dorthin ziehen?“

Hören Sie sich im Vergleich dazu den angeblich hermetischen Heliozentrismus an:

„Da es sich um den Lichtstrahl selbst handelt, erhellt die Sonne mit höchster Brillanz den ganzen Kosmos, von oben wie von unten. Denn die Sonne ruht in der Mitte des Kosmos und trägt ihn wie eine Krone. Wie ein guter Fahrer stabilisiert sie den Wagen des Kosmos und befestigt die Zügel an sich selbst, um zu verhindern, dass der Kosmos außer Kontrolle gerät. Und die Zügel sind diese: Leben und Seele und Geist und Unsterblichkeit und Werden. Der Fahrer lockert die Zügel, um den Kosmos gehen zu lassen, in Wahrheit aber nicht weit weg, sondern zusammen mit ihm…

Um die Sonne herum sind die acht Kugelschalen angeordnet, die von ihr abhängen: die Kugelschale der Fixsterne, die sechs Kugelschalen der Planeten und diejenige, die die Erde unmittelbar umgibt.“

Das oben Gesagte kann man kaum Wissenschaft nennen; in Wahrheit ist es mystischer Unsinn. Wenn also ein Heliozentrist vom Hermetismus beeinflusst wurde, dann war es sicherlich Giordano Bruno (1548-1600 n. Chr.), ein unwissenschaftlicher „New-Ageler“, der vom Atheisten Neil deGrasse Tyson geliebt wird.

Ein weiterer Punkt ist, dass dieser Abschnitt von einer Kugelschale spricht, die die Erde umgibt, wobei nur die anderen Planeten [und nicht die Erde, Anm. d. Übers.] die Sonne umkreisen. Damit passt der Hermetismus wahrscheinlich auch besser zum tychonischen Geo-Heliozentrismus moderner Geozentristen (siehe unten). Diese würden zweifellos Verärgerung empfinden, wenn ihnen vorgeworfen würde, Hermetiker zu sein; sie sollten daher das „was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem andern zu“ praktizieren, bevor sie Geokinetiker beschuldigen.

Ein letzter Punkt: Die Geokinetik kommt nicht einmal dann zu Fall, wenn Kopernikus wirklich ein fanatischer Hermetiker gewesen wäre (ein klassischer „genetischer Fehlschluss“, d. h. ein rein rhetorisches Argument den Ursprung einer Sache betreffend, Anm. d. Übers.) – dieser Einwand kann Kopernikus´ mittelalterliche Vorgänger oder die meisten anderen Geokinetiker nicht antasten. Was wir tun müssen, ist, die Indizien für und gegen den absoluten Geozentrismus bewerten, anstatt ad hominem Ablenkungsmanöver zu veranstalten.

Unterdrückte die Kirche die geokinetische Theorie?

Andere haben argumentiert, dass die „Kirche“ den wissenschaftlichen Fortschritt unterdrückt hat, indem sie diejenigen verfolgte, die gegen den absoluten Geozentrismus argumentierten. Die Geschichte zeichnet jedoch ein ganz anderes Bild. Die katholische Kirche hat, anstatt gegen Astronomie zu sein, enorme Summen dafür ausgegeben. Warum? Der Grund ist, weil sich die „Kirche“ einst über einen großen Teil des Globus erstreckte, und so die Berechnung des genauen Osterdatums problematisch wurde. „Der erste Sonntag nach dem ersten Vollmond nach der Frühlings-Tagundnachtgleiche“ (Konzil von Nizza, 325 n. Chr.) klingt wie eine präzise Formel, aber es war durchaus vorstellbar, dass verschiedene Beobachter, auch ohne einen Fehler zu machen, Ostern an verschiedenen Tagen in verschiedenen Teilen der Welt feiern konnten. Fügt man noch hinzu, dass der julianische Kalender dazu führte, dass das Kalenderjahr sich immer weiter vom Sonnenjahr entfernte (10 Fehltage bis 1500 n. Chr.), hatten sie ein echtes Problem. Um diese Probleme zu lösen, wurden Kathedralen als riesige Lochkameras eingesetzt, die auf Meridianlinien (sog. „Meridiane“, Einzahl „Meridian“) projizierten. So konnte der Weg der Sonne am Himmel genau aufgezeichnet werden, wie der Wissenschaftshistoriker John Heilbron (*1934 n. Chr.) dokumentierte.26 Die Kathedralen waren ideal, weil sie riesige, architektonisch geniale Gebilde waren, und auch alt genug, so dass sich die Fundamente stabilisiert hatten, wodurch sich die Positionen der Meridiane nicht verschoben. Sie waren sogar noch genauere astronomische „Instrumente“ als die besten Teleskope der damaligen Zeit; erst Mitte des 18. Jahrhunderts überholten die Teleskope die Meridiane.

Bianchini-meridian
Die Meridianlinie in der Basilika Santa Maria degli Angeli e dei Martiri, Rom, nur wenige Minuten vor Mittag.

Das Ergebnis dieser Arbeiten war die Einführung des gregorianischen Kalenders im Jahr 1582 n. Chr., den wir heute noch verwenden. Die Kalenderänderung erfolgte 50 Jahre vor dem Prozess gegen Galileo und basierte „auf Berechnungen, die die Arbeiten von Kopernikus nutzten“, wie Kuhn betonte.27 Auf diese Weise hatte die neue Astronomie von Kopernikus bereits ihre praktische Überlegenheit bewiesen, was auch zeigte, dass die Kirche diese Sichtweise als funktionierende mathematische Hypothese zuließ.

Danach wurden die Arbeiten noch weiter verfeinert. Interessanterweise konnten Beobachtungen von Giovanni Cassini (1625-1712 n. Chr.), die dieser um 1655 n. Chr. (13 Jahre nach Galileis Tod) in der Kathedrale von Bologna durchführte, Antworten auf eine große Debatte der damaligen Zeit liefern, und sie ergaben konkrete Hinweise darauf, dass Keplers Theorie richtig war und die von Ptolemäus nicht. Cassini zeigte auch, dass sich der Abstand zur Sonne im Lauf der Zeit ändert, was bedeutet, dass Kreisbahnen nicht in Frage kommen, und folglich hatte Kepler Recht gehabt mit seinen elliptischen Bahnen.28

Eine zeitliche Abfolge der Ereignisse (kleiner Streifzug durch die moderne Geschichte)

Es gibt viele Namen, die in die Geschichte eingingen. Zu viele, um ihnen allen gerecht zu werden. Dennoch ist es gut, einige der wichtigeren Namen in eine angemessene historische Perspektive zu stellen. Wenn das Thema zur Sprache kommt, denken die meisten Menschen sofort an Galileo und seine Gerichtsverhandlungen, aber eigentlich war er nicht die erste und auch nicht die wichtigste Person. Nikolaus Kopernikus („der Mann, der die Sonne aufhielt und die Erde in Bewegung setzte“29) starb mehr als zwei Jahrzehnte vor der Geburt von Galileo, und Galileis Zensur geschah erst im Alter von 70 Jahren.

~200 v. Chr.
Aristarchos von Samos schätzt den Abstand und die Größe der Sonne.
~200 v. Chr.
Eratosthenes von Kyrene berechnet den Umfang der Erde mit bemerkenswerter Genauigkeit.
~150 n. Chr.
Claudius Ptolemäus schreibt „Mathematike Syntaxis“ (Almagest), das zum wichtigsten astronomischen Lehrbuch des Mittelalters wurde. Dies etablierte den absoluten Geozentrismus als das beherrschende wissenschaftliche Paradigma für fast 1.500 Jahre.
~500 n. Chr.
Boethius erkennt in seinem „Trost der Philosophie“ die enorme Größe des Universums an, gegenüber der die ganze Erde nur ein Punkt ist. Dies war eines der meistgelesenen Bücher des Mittelalters.
~700 n. Chr.
Beda Venerabilis schreibt, dass die Erde eine Kugel ist.
~1230 n. Chr.
Johannes de Sacrobosco veröffentlicht „Tractatus de Sphaera“ (Über die Sphäre der Welt), ein Lehrbuch, das zeigt, was damals über die Astronomie bekannt war. Es erklärte deutlich, dass die Erde eine Kugel sein muss, und lehrte, dass selbst der kleinste Stern, den wir sehen, größer ist als die Erde. „Tractatus de Sphaera“ musste die nächsten vier Jahrhunderte von den Studenten aller westeuropäischen Universitäten gelesen werden, was bedeutete, dass die führenden Geistlichen der damaligen Zeit daraus angeleitet wurden.
~1250 n. Chr.
Thomas von Aquin bringt die aristotelisch-ptolemäische Astronomie in den Köpfen seiner Zeitgenossen fast zum Erliegen. In seinem magnum opus „Summa Theologica“ bekräftigte er auch, dass die Erde eine Kugel ist, und brachte es als ein Beispiel für eine offensichtliche und objektive Tatsache, die damals jeder kannte.
~1350 n. Chr.
Jean Buridan entdeckt das Gesetz der Trägheit Jahrhunderte vor Galileo und schlägt eine geokinetische Idee als mathematisch elegante Hypothese vor.
~1380 n. Chr.
Nikolaus von Oresme entwickelt Bewegungsdiagramme Jahrhunderte vor Galileo und behandelt die meisten wissenschaftlichen und theologischen Einwände gegen die Geokinetik.
~1450 n. Chr.
Kardinal Nikolaus von Kues schlägt vor, dass sich die Erde relativ zu den Bezugsrahmen der Himmelskörper bewegt.
1543 n. Chr.
Nikolaus Kopernikus, „der Mann, der die Sonne aufhielt und die Erde in Bewegung setzte“.
1582 n. Chr.
Der gregorianische Kalender wird, unterstützt durch das kopernikanische Modell, von der katholischen Welt akzeptiert.
1600 n. Chr.
Tycho Brahe macht Tausende von astronomischen Beobachtungen, die später genutzt werden, um Kopernikus´ Theorie weiterzuentwickeln. Brahe schlug ein Modell vor, das einen Kompromiss zwischen den Modellen von Ptolemäus und Kopernikus darstellte.
1610 n. Chr.
Galileo Galilei macht die ersten Teleskopbeobachtungen von Monden, die andere Planeten umkreisen, sowie von den Phasen des Planeten Venus. Er wurde zum umstrittensten Vertreter des kopernikanischen Heliozentrismus.
1619 n. Chr.
Johannes Kepler schlägt seine gleichnamigen drei Keplerschen Gesetze vor.
1639 n. Chr.
Jeremia Horrocks macht die erste Beobachtung des Venustransits [ein Vorbeiziehen des Planeten Venus vor der Sonne, Anm. d. Übers.]
1651 n. Chr.
Giovanni Battista Riccioli veröffentlicht sein „Almagestum Novum“, das das tychonische System verteidigte, überwiegend aus wissenschaftlichen Gründen.
1655 n. Chr.
Giovanni Cassini beweist, dass sich der Abstand zur Sonne im Laufe der Jahreszeiten ändert, in Übereinstimmung mit Keplers erstem Gesetz (die Planeten bewegen sich auf elliptischen Bahnen um die Sonne).
1687 n. Chr.
Isaac Newtons Gravitationsgesetz, seine drei Bewegungsgleichungen, und „Calculus“ erklären Keplers Modell.
1716 n. Chr.
Edmund Halley schlägt vor, dass man den Venustransit nutzen kann, um die Entfernung Erde-Sonne zu bestimmen, und er stellt auch fest, dass der Mond langsamer wird.
1729 n. Chr.
James Bradley dokumentiert die Aberration des Sternenlichts und berechnet die Lichtgeschwindigkeit.
1759 n. Chr.
Alexis-Claude Clairaut berechnet die Rückkehr des Halleyschen Kometen.
1769 n. Chr.
James Cook dokumentiert erfolgreich den Venustransit von Tahiti aus.
1772 n. Chr.
Joseph-Louis Lagrange beschreibt die verbleibenden beiden Lagrange-Punkte, die zunächst von Euler vorhergesagt wurden.
1781 n. Chr.
Sir Frederick William Herschel entdeckt Uranus, den ersten Planeten, der schon seit der Antike bekannt ist.
1838 n. Chr.
Friedrich Bessel führt die erste stellare Parallaxenmessung an 61 Cygni durch.
1846 n. Chr.
Urbain Le Verrier sagt einen unentdeckten Planeten aufgrund von Störungen in der Umlaufbahn des Uranus voraus.
1846 n. Chr.
Johann Gottfried Galle entdeckt Neptun an dem von Le Verrier vorhergesagten Ort, ein weiterer Triumph für Newtons Theorien.
1859 n. Chr.
Urbain Le Verrier erklärt, dass die Umlaufbahn von Merkur geringfügig von Newtons Mechanik (Perihel-Präzession) abweicht.
1873 n. Chr.
James Clerk Maxwells Gleichungen der Elektrodynamik.
~1900 n. Chr.
Hendrik Lorentzs Lorentz-Transformationen.
1905 n. Chr.
Jules Henri Poincaré überarbeitet die Lorentz-Transformation und ebnet den Weg für Einstein.
1905 n. Chr.
Albert Einsteins Spezielle Relativitätstheorie
1915 n. Chr.
Albert Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie löst Urbain Le Verriers Problem mit Merkur.
21. Juli 1969 n. Chr.
Neil Armstrong macht die ersten Schritte eines Menschen auf dem Mond.
25. August 2012 n. Chr.
Voyager 1 durchquert die Heliopause bei 121 AE, 18 Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt, und ist damit das erste künstliche Objekt, das die Heliosphäre verlässt und in den interstellaren Raum eintritt.
14. Juli 2015 n. Chr.
New Horizons ist die erste Raumkapsel, die an Pluto vorbeifliegt. New Horizons startete am 19. Januar 2006, als Pluto als der äußerste Planet des Sonnensystems galt; noch im selben Jahr aber (am 13. September) degradierte die Internationale Astronomische Union (IAU) den Planeten Pluto zum Zwergplaneten „134340 (Pluto)“.

Die Suche nach der Lösung dieses Geheimnisses wurde von Menschen mit einer christlichen Weltanschauung vorangetrieben, die mehr oder weniger an die Bibel glaubten. Sie sahen keinen Konflikt zwischen Wissenschaft und Glaube. Sogar der große Astronom Johannes Kepler sagte über seine Arbeit, dass es „wie das Nach-Denken von Gottes Gedanken“ sei, und:

„Das Hauptziel aller Untersuchungen der uns umgebenden Welt sollte es sein, die rationale Ordnung und Harmonie zu entdecken, die ihr von Gott aufgeprägt wurde und die Er uns in der Sprache der Mathematik offenbart hat.“30

Aber es gab Widerstand gegen geokinetische Ideen. Dieser Widerstand wurde hauptsächlich von anderen Wissenschaftlern vorangetrieben, nicht von der „Kirche“. Die Ansichten von Kopernikus waren dem Papst und vielen Bischöfen der damaligen Zeit bekannt, und sie unterstützten ihn dabei. Das soll nicht heißen, dass seine Ansichten nicht umstritten waren, aber weder die protestantische noch die katholische Kirche lehnten den Geokinetikbegriff ab. Galileo wurde in seiner Arbeit von Papst Urban VIII. ermutigt, zunächst ein enger Freund; dann aber wurden sie zu erbitterten Feinden, nachdem Galilei ihn beleidigt hatte, indem er in einem Buch, das gegen den Geozentrismus argumentierte,31 die Worte des Papstes Simplicio (einem Narren) in den Mund legte. Nur wenige Jahrzehnte nach dem Tod von Galileo und Urban VII brachten jesuitische Astronomen den Astronomen in China Geokinetik bei. Giorgio de Santillana (1902-1974 n. Chr.), ein Philosoph und Historiker der Naturwissenschaften am MIT, schrieb:

„Es ist seit langem bekannt, dass ein Großteil der Intellektuellen der Kirche auf der Seite Galileis stand, während die deutlichste Opposition gegen ihn von weltlichen Ideen her stammte.“32

In Anbetracht der Tatsache, dass die Debatte Jahrhunderte andauerte, sollte es nicht überraschen, dass es eine Kontroverse unter den Gelehrten gab. Einiges davon kam durch die protestantisch-katholische Spaltung, einiges durch die Starrköpfigkeit verschiedener Individuen, und vieles wurde von antichristlichen Polemikern des 19. Jahrhunderts fabriziert.33,34

Nikolaus Kopernikus

Der vielleicht wichtigste Name auf unserer kurzen Tour durch die Geschichte ist Nikolaus Kopernikus. Kopernikus war nicht nur Astronom, sondern auch Sprachwissenschaftler, Altphilologe, Arzt, Gelehrter im Kirchenrecht und ein scharfsinniger Ökonom.35 Obwohl seine geokinetischen Ideen bereits Jahrzehnte vor seinem Ableben existierten und er seine Ansichten mit vielen anderen Menschen teilte, verzögerte er die Veröffentlichung seines Werkes „De revolutionibus orbium coelestium“ („Über die Kreisbewegungen der Himmlischen Körper“) bis kurz vor seinem Tod im Jahr 1543. Dieses bedeutende Ereignis in der Geschichte der Wissenschaft löste das aus, was wir heute die „Kopernikanische Revolution“ nennen. Kopernikus bediente sich der gleichen Beobachtungsdaten wie andere, fügte aber ein viel einfacheres Erklärungsmodell hinzu - die Planeten, jetzt einschließlich der Erde, umkreisten die Sonne.

„Ockhams Rasiermesser“ (benannt nach William von Ockham, 1287-1347 n. Chr.) ist ein etabliertes Prinzip in der Wissenschaft. Es besagt, dass, wenn zwei Theorien in Konflikt stehen, diejenige mit den wenigsten Annahmen mit größerer Wahrscheinlichkeit richtig ist. Kopernikus´ Modell war viel einfacher als das ptolemäische System. Ebenso ist das moderne geokinetische System viel einfacher als das moderne absolute geozentrische System. Tatsächlich sind moderne Versionen des absoluten Geozentrismus viel komplexer als das ptolemäische System, weil sie mit viel mehr Phänomenen zu tun haben, als sie Ptolemäus bekannt waren. Deshalb „schneidet“ hier Ockhams Rasiermesser tiefer.

Es gab jedoch noch Verbesserungsmöglichkeiten. Zum Beispiel behauptete Kopernikus immer noch, dass sich die Planeten in perfekten Kreisbahnen bewegen, und er klammerte sich an die ptolemäische Vorstellung, dass die Sterne in einer weit darüber liegenden kristallenen Kugel ihre Bahnen ziehen. Folglich benötigte er auch einige Epizyklen, um seine Theorie mit den Beobachtungen in Einklang zu bringen. Doch seine Logik, seine Mathematik und seine Beobachtungsdaten führten zu einer Initialzündung. Tatsächlich spielte er eine große Rolle bei der Wiederbelebung der wissenschaftlichen Revolution in der Renaissance, nachdem die mittelalterliche wissenschaftliche Revolution durch den Schwarzen Tod gestoppt worden war.36 Es gab jedoch noch Hindernisse zu überwinden, und die Tatsache, dass man bei den Sternen keine Parallaxe beobachtete, wurde von vielen Kritikern als starker Beweis gegen seine Theorie verwendet.

Was ist eine Parallaxe?

Legen Sie Ihren Finger an Ihre Nase. Öffnen und schließen Sie nun abwechselnd ein Auge, dann das andere. Ihr Finger sollte hin- und herspringen, je nachdem, mit welchem Auge Sie ihn betrachten. Dies wird als Parallaxe bezeichnet. Da man etwas aus zwei verschiedenen Blickwinkeln betrachtet, scheint sich seine Position relativ zum Hintergrund zu verschieben. Strecken Sie jetzt Ihren Arm gerade aus und deuten Sie mit dem Finger. Wieder öffnen und schließen Sie abwechselnd ein Auge, dann das andere. Ihr Finger sollte sich immer noch hin und her bewegen, aber weniger als vorher. Warum? Weil der Winkel zwischen Ihrem Finger und dem jeweiligen Auge jetzt viel kleiner ist.

Die Parallaxe ist in der Astronomie sehr nützlich. Die Umlaufbahn der Erde hat einen Radius von 150 Millionen Kilometern. Wenn wir also einen Stern im Sommer und im Winter betrachten, ist es so, als ob wir zwei Augen hätten, die sehr, sehr weit voneinander entfernt sind. Wenn ein Stern der Erde nahe ist, ändert sich seine Position im Laufe der Jahreszeiten. Die meisten Sterne ändern jedoch nicht messbar die Position, weil sie zu weit weg sind, um die Winkeländerung messen zu können. Die wenigen, die es tun, sind uns näher als die, die es nicht tun. Daher können wir die Entfernung zu nahen Sternen ermitteln, wir können den Schluss ziehen, dass verschiedene Sterne in unterschiedlichen Entfernungen sind, und wir können ableiten, dass einige Dinge sehr weit entfernt sind. All dies steht im Einklang mit der Geokinetik. Und in der Tat liefert all dies auch eine Antwort auf einen der schwerwiegendsten Einwände gegen die Geokinetik: die nicht beobachtbare Parallaxe in den Anfängen der Geokinetik.

Die Parallaxe wurde auch dazu verwendet, um zu bestimmen, wie weit die Erde von der Sonne entfernt ist. Diese Entfernung wird kurz als „astronomische Einheit“ oder AE bezeichnet. Lange kannten wir ihren Wert nicht. Edmund Halley (1656-1742 n. Chr.) schlug vor, dass wir den Venustransit vor der Sonne nutzen könnten, um die AE zu bestimmen, und zwar, indem mehrere Personen den Transit beobachten und die unterschiedlichen Parallaxen in Relation zu ihren unterschiedlichen Standorten gebracht werden. Das erwies sich aus vielen Gründen als schwierig. Erstens finden Transite immer paarweise statt, wobei die einzelnen Mitglieder der Paare nur durch wenige Jahre voneinander getrennt sind, während die Paare selbst 121,5 oder 105,5 Jahre voneinander getrennt liegen. Zweitens muss man genau wissen, wo sich jeder Beobachter auf der Erde befindet, und das obwohl damals die Messung des geographischen Längengrads noch nicht perfektioniert war, so dass die Parallaxe nur basierend auf dem geographischen Breitengrad bestimmt werden konnte. Drittens musste man genau die Zeit bestimmen, obwohl man gerade erst damit angefangen hatte, Uhren mit der dazu nötigen Präzision zu bauen. Viertens unterscheidet sich der Zeitpunkt des Beginn des Transits, gemessen an verschiedenen Beobachtungsorten, selbst bei einer sehr genauen Uhr nur um sehr wenig (im Sekundenbereich). Halley argumentierte jedoch, dass im Fall sehr vieler Personen, die den Transit von Anfang bis Ende beobachten und die zugehörige Zeit messen würden (im Bereich von Stunden), die Genauigkeit hoch genug wäre, um brauchbare Messergebnisse zu erhalten. Und er hatte Recht damit.

Die erste Aufzeichnung eines Venustransits vor der Sonne wurde 1639 von einem jungen Geistlichen namens Jeremiah Horrocks (1618-1641 n. Chr.) durchgeführt, der ein Bild der Sonne durch ein Teleskop auf ein Blatt Papier projizierte [Achtung: Versuchen Sie dies NICHT ohne angemessenen Augenschutz, und Kinder sollten dies niemals ohne Aufsicht eines Erwachsenen tun. Wenn Sie das Sonnenlicht auf diese Weise konzentrieren, kann dies Ihre Augen dauerhaft schädigen.] Horrocks war in der Lage, sowohl die Größe der Venus als auch der AE abzuschätzen: 95, 6 Millionen Kilometer. Das ist ungefähr ⅔ des wahren Werts, aber es war die damals genaueste Messung. Weitere Sichtungen in den Jahren 1761/1769 und 1874/1882 umfassten einige der größten internationalen wissenschaftlichen Kooperationen aller Zeiten. Tatsächlich wurde der große Seefahrer Captain James Cook (1728-1779 n. Chr.), der erste Mensch, der Neuseeland umrundete, nach Tahiti geschickt, um den Transit von 1769 aufzuzeichnen (was erfolgreich war).

Die Parallaxe kann aber auch dazu benutzt werden, die Entfernung zu den Sternen zu messen. Friedrich Bessel (1784-1846 n. Chr.) führte 1838 die erste stellare Parallaxenmessung des Sterns 61 Cygni durch! Er kam zu dem Schluss, dass der Stern 10,3 Lichtjahre entfernt ist (damit lag er nur um 10% neben dem wahren Wert), obwohl die Parallaxe weniger als 0,0000009 Grad betrug. Ende des 19. Jahrhunderts hatten wir eine sehr gute Vorstellung von der AE, der Größe des Sonnensystems, und dass die Parallaxe sehr nützlich für die Messung großer Entfernungen ist, und all das trug dazu bei, die geokinetische Theorie zu festigen.37

Das kürzlich eingerichtete unbemannte Observatorium der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) namens „Gaia“ wird in der Lage sein, Parallaxen von Objekten bis in Entfernungen von Zehntausenden von Lichtjahren zu messen (das sind etwa 1% des Durchmessers der Milchstraße). Da sich die Sterne offensichtlich in unterschiedlichen Abständen befinden, gibt es keine einzige „Kristallkugel“, auf der sie sich alle befinden. Gibt es aber verschiedene Sphären? Vielleicht eine für jeden einzelnen Stern? Vielleicht sind die Sterne in einen universellen Körper eingebettet? Vielleicht sind sie an einer Reihe von unter Spannung stehenden Drähten aufgereiht? Oder aber vielleicht ist das Universum doch geokinetisch!

nearby-stars
Eine Karte der bekannten Sterne innerhalb von 14 Lichtjahren von der Erde, basierend auf Parallaxenmessungen. Wichtig ist, dass sie sich nicht nur relativ zur Erde, sondern auch relativ zueinander bewegen, was bedeutet, dass sich die Konstellationen im Laufe der Zeit in vorhersehbarer Weise verändern. Absoluter Geozentrismus kann dies in der Praxis nicht erklären.

Galileo Galilei

NASAVenus
Venustransit vor der Sonne, 2012.

Galileo Galilei (1564-1642 n. Chr.) war der erste Mensch, der ein Teleskop auf Himmelskörper richtete (trotz einem weit verbreiteten Mythos gibt es übrigens keine Aufzeichnungen darüber, dass sich irgendjemand „geweigert“ hätte, durch das Teleskop von Galileo zu schauen38). Galileo war der Erste, der die Monde des Jupiters sah (und er interpretierte sie auch korrekt als solche), sowie die Ringe des Saturn. Er war der erste, der Sonnenflecken sah, was die aristotelische und mittelalterliche Vorstellung von perfekten Himmelskörpern widerlegte. Er bemerkte, dass die Venus mit der Zeit deutlich größer und kleiner wird, und beobachtete mit seinem Teleskop, dass die Venus Phasen wie der Mond durchläuft. Die ptolemäische Theorie ließ die Venus so um die Erde kreisen, dass sie der Sonne ganz nah war, und zwar weil es das ist, was wir auch beobachten. Bei einem solchen Szenario würde sich aber die scheinbare Größe der Venus nicht um fast einen Faktor 7 ändern,39 wie man es von Beobachtungen her weiß. Dieser Faktor erklärt sich dadurch, dass die Venus die Sonne in einer durchschnittlichen Entfernung von 108 Millionen Kilometern umkreist, während die Erde die Sonne in 150 Millionen Kilometern umkreist, so dass ihre nächstgelegene Position zur Erde etwa 42 Millionen Kilometer (150-108), die am weitesten entfernte Position etwa 258 Millionen Kilometer (150+108) beträgt.40 Die Phasen der Venus können vom ptolemäischen Modell nicht erklärt werden, bei dem die Venus die Erde so umkreist, dass sie immer in unmittelbaren Nähe der Sonne ist; um die Voll- und Halbvenusphasen zu erklären, müsste man nämlich von einer Erde ausgehen, die sich zwischen Sonne und Venus befindet. Im heliozentrischen Modell erklärt hingegen eine Venus, die die Sonne umkreist, den großen Unterschied in der scheinbaren Größe, die Phasen und warum die Sichelphase bei weitem die hellste ist (da nämlich die Venus zu diesem Zeitpunkt der Erde deutlich näher ist als im ptolemäischen System).41

Galileo war der erste, der einen (korrekten und praktikablen) Weg zur Lösung des „Längengradproblems“ vorschlug, indem er eine Tabelle der Zyklen der Jupitermonde für einen bestimmten Bezugsort (einschließlich den zugehörigen Zeit- und Winkelangaben) erstellte, und dann Beobachtungen derselben Ereignisse (selbe Zeitangaben, aber unterschiedliche Winkel) an einem Ort mit unbekanntem Längengrad durchführte. Dieser Mann hat viel mehr zu bieten, als die meisten Menschen glauben! Die katholische Kirche hat viel über seinen Prozess geschrieben, und es gibt viele moderne Mythen zu diesem Thema. Lassen Sie uns aber einfach festhalten, dass die Kirche die geokinetische Theorie nicht in dem gleichen Maß unterdrückte, wie Galilei den Papst beleidigt hatte (so dass ihre Freundschaft auf Dauer in Brüche ging). Seine Gegner hingegen nutzten fröhlich die Gelegenheit, ihn wegen Ketzerei vor Gericht zu stellen. Heilbron weist uns auf Folgendes hin:

„Galileis Ketzerei war, nach der von der Römischen Inquisition verwendeten Standardunterscheidung, mehr `inquisitorisch´ als `theologisch´. Diese Unterscheidung erlaubte es, gegen Personen vorzugehen, die sich gegen Befehle wehrten oder die Skandale verursachten, obwohl keines der beiden Delikte gegen einen vom Papst oder Generalkonzil festgelegten und verabschiedeten Artikel verstieß. … Da die Kirche jedoch nie öffentlich verkündet hatte, dass die Bibelstellen, die eine sich bewegende Sonne implizieren, zugunsten des ptolemäischen Systems als ein fester Glaubensgrundsatz interpretiert werden müssten, hätten versöhnliche Kommentatoren … `formal ketzerisch´ auch als `vorläufig nicht akzeptiert´ auslegen können.“42

Wie oben gezeigt, war es wirklich Wissenschaft vs. Wissenschaft. Galileo hatte allerdings die Wissenschaft nicht immer auf seiner Seite. Sein bevorzugter „Beweis“ für die Geokinetik waren die Gezeiten, was – wie wir heute wissen – ein Trugschluss war. Bede hatte Jahrhunderte zuvor die richtige Erklärung vorgeschlagen: Der Mond war die Hauptursache für die Gezeiten. So basiert die übliche gottesfeindliche Geschichtsauffassung „Wissenschaft vs ignoranten religiösen Geozentrismus“ auf Unkenntnis der historischen Fakten sowie auf Anachronismen: Viele der Geozentristen folgten einfach dem, was sie für den besten wissenschaftlichen Ansatz hielten, den es zum damaligen Zeitpunkt gab. Die Kritiker irren sich, indem sie den damaligen Menschen ein Wissen unterstellen, das erst die moderne Wissenschaft ermöglichte. Wir sollten nicht den umgekehrten Fehler machen, indem wir die moderne Wissenschaft ignorieren und den absoluten Geozentrismus übernehmen.

Tycho Brahe

Tycho Brahe (1546-1601 n. Chr.) war ein weiterer Mann von Intelligenz und Fleiß, der die Geschichte prägte. Ohne die Hilfe eines Teleskops führte er über mehrere Jahrzehnte hinweg sorgfältige astronomische Beobachtungen durch, mit einer (Winkel)Genauigkeit entsprechend einer aus einer Entfernung von 100 Metern beobachteten US-Vierteldollarmünze. Nach der Supernova von 1572 argumentierte Brahe, dass die Himmelssphäre nicht unveränderlich sei, wie Aristoteles lehrte. Er argumentierte weiterhin, dass der Große Komet von 1577 die angeblichen Kristallkugeln durchquere (was nichts anderes bedeutet, als dass sie in Wahrheit gar nicht existieren). Am Ende schlug er ein Hybrid-Modell vor, bei dem zwar die anderen Planeten die Sonne, die Sonne und der Mond43 jedoch die Erde umkreisen. Dies wurde durch die Tatsache unterstützt, dass das Modell von Kopernikus nicht den neuesten verfügbaren Daten entsprach (was aber an Kopernikus´ (falscher) Annahme perfekter Kreisbahnen lag).

Tycho Brahe schlug eine Kosmologie vor, die eine Mischung aus dem ptolemäischen und dem kopernikanischen System war: Sonne, Mond und Sterne umkreisten die feste Erde, während die anderen Planeten die Sonne umkreisten. Er dachte, dass sein Modell die mathematische Eleganz der letzteren Vorstellung mit der Wissenschaftlichkeit der ersteren Vorstellung verband, davon ausgehend, dass sich die Erde nicht bewegt. Dieses tychonische geo-heliozentrische Modell war kompatibel mit Galileis Beobachtungen der Phasen der Venus und der Monde des Jupiters.

Brahe wies auch auf Folgendes hin: Wenn sich die Erde um die Sonne bewegt, dann sollten wir eine Parallaxe zu den Sternen sehen. Kopernikus antwortete (und ganz zu Recht, wie wir wissen), dass die Sterne noch viel weiter entfernt seien, als man sich bisher vorgestellt hätte.

Aber nicht so schnell! Damals wurde angenommen, dass Sterne eine bestimmte scheinbare Größe haben, und Sterne wie Vega wurden als größer wahrgenommen als beispielsweise der Polarstern. Brahe berechnete daher, dass, wenn die Sterne wirklich so weit weg wären, wie Kopernikus es verlangte, sie auch unvorstellbar groß sein müssten und die Sonne in den Schatten stellten.

Diese Argumente würden bald von den Geokinetikern beantwortet werden, einige aber nur sehr unzureichend. So antwortete der Kopernikaner (und Geokinetiker), Christoph Rothmann auf Brahes Hinweis von riesigen Sternen im Wesentlichen: „Wen interessiert es, wie groß die Sterne sind?“, denn Größe bedeute für einen unendlichen Gott ja nichts. Damit wird die übliche gottesfeindliche Geschichtsauffassung von „Wissenschaft vs. Religion“ auf den Kopf gestellt: Hier appellierte der Geozentrist Brahe an die Wissenschaft – einschließlich des Blicks durch ein Teleskop, wie Galilei es verlangte – während ein Kopernikaner sich auf eine Art von „Lückenbüsser-Gott“44 zurückzog.

Das Argument der „Riesensterne“ war ein wichtiges und unbeantwortetes Problem im 9. Buch des enzyklopädischen „Almagestum Novum“ (Neuer Almagest, 1651) des Astronomen und Jesuitenpriesters Giovanni Battista Riccioli (1598-1671 n. Chr.), der auch die erste Person war, die die Gravitationsbeschleunigung von Fallkörpern genau gemessen hat. Er diskutierte 126 Argumente unterschiedlicher Qualität über die Bewegung der Erde - 49 für und 77 dagegen. Die meisten dieser Argumente waren wissenschaftlich, und Riccioli dachte, dass die wissenschaftlichen Indizien mehr für eine stillstehende Erde sprachen. So verteidigte er das tychonische Geo-Heliozentrismusmodell als dasjenige, das am besten zu der Wissenschaft seiner Zeit passte.45

Es war jedoch nicht bekannt - weder Brahe und Riccioli noch ihren heliozentrischen Gegenspielern -, dass die scheinbare Größe der Sterne eine optische Illusion ist; fast alle Sterne sind von der Erde aus betrachtet Punktlichtquellen, und die Größe ist ein reiner Brechungs- oder Streuungseffekt. Selbst bei einem Teleskop verursacht die Streuung die „Beugungsscheibe“, wie Sir George Biddell Airy (1801-1892 n. Chr.), ein Wissenschaftler aus dem 19. Jahrhundert, erkannte.46 Beide Seiten der Debatte hielten die „Beugungsscheibe“ für den Stern selbst.

In Wirklichkeit ist die Vega, die Brahe für riesig hielt, nur 2,36-mal so groß wie die Sonne, aber sie ist ganz nah. Der Polarstern, von dem Brahe dachte, er sei ein kleinerer Stern, ist hingegen 43-mal so groß wie die Sonne. Das erste direkte Bild eines Sterns außerhalb unseres Sonnensystems im Sinne einer echten Sternscheibe und nicht nur eines Lichtpunkts, war ein Bild des Hubble-Weltraumteleskops des Sterns von Beteigeuze, das 1996 aufgenommen wurde.47 Aber Beteigeuze ist wirklich ein riesiger Stern, größer als der Durchmesser der Jupiterbahn und relativ nah (etwa 643 Lichtjahre), so dass es möglich war, ihn abzubilden. Die durch Lichtbrechung verursachte „Beugungsscheibe“wurde jedoch erst relativ spät entdeckt, so dass wir zu dem Schluss kommen können, dass Brahe als echter Wissenschaftler agierte und die besten damals verfügbaren Daten verwendete (wie auch Riccioli nach ihm). Und obwohl Brahe die Schrift ernst nahm, stützte er sein modifiziertes geozentrisches Modell auf das, was er für die besten wissenschaftlichen Indizien hielt.48

Es ist nicht verwunderlich, dass Brahes geo-heliozentrische Theorie und viele konkurrierende, aber ähnliche Theorien für eine gewisse Zeit beliebter waren. Einige der konkurrierenden Theorien betrafen eine rotierende Erde in einem geozentrischen Universum, aber jede von ihnen, wie auch ihre griechischen Vorläufer, hatte eine kurze Haltbarkeit. Sobald sich die Erde dreht, lösen sich die pseudobiblischen Argumente (wie z. B. „Die Bibel spricht von `Sonnenaufgang´, folglich muss das Universum geozentrisch sein“) in Rauch auf. Wenn sich aber die Erde dreht, verschwinden plötzlich auch alle vermeintlich beobachtungsgestützten Beweise für den Geozentrismus.

Johannes Kepler

Kepler-Platonic
Keplers Modell des Sonnensystems basierend auf platonischen Körpern (1596).

Johannes Kepler (1571-1630 n. Chr.) arbeitete für Brahe und erbte seine Daten nach Brahes Tod. Im Gegensatz zu Brahe war er jedoch ein früher Bekenner von Kopernikus´ He­lio­zen­tris­mus; davon ausgehend, dass seine mathematische Eleganz die Herrlichkeit des trinitarischen Gottes der Bibel widerspiegelt, versuchte er, ihn weiter zu verfeinern. Sein erster Versuch war genial, obwohl er ihn schließlich aufgab: Er schlug vor, dass die Umlaufbahnen der sechs bekannten Planeten die Radien imaginärer Kugeln hätten, die einen der fünf platonischen Körper (Oktaeder, Ikosaeder, Dodekaeder, Tetraeder und Würfel) umschrieben, wobei jeder Körper im nächsten verschachtelt sei, seine Scheitelpunkte einen Kreis berührten, der den nächst größeren Körper einschrieb, und alle auf die Sonne ausgerichtet seien.49 Kepler fand heraus, dass sich seine theoretischen Vorhersagen und Brahes Beobachtungen der Marsumlaufbahn um 8 Bogenminuten unterschieden. Weil 1 Bogenminute = 1/60 eines Grads, gab es also einen winzigen Unterschied zwischen Beobachtung und Theorie. Im Vergleich: Der Winkeldurchmesser des Mondes von der Erde aus gesehen liegt zwischen 29,3 und 34,1 Bogenminuten, und Ptolemäus´ und Kopernikus´ frühere Arbeiten waren nur bis auf 10 Bogenminuten genau. Kepler aber hatte von Brahes Beobachtungen eine sehr hohe Meinung, denn sie waren bis auf 2 Bogenminuten genau, und daher reichte dieser winzige Unterschied aus, um seine Theorie aufzugeben:

„Hätte ich geglaubt, dass wir diese acht (Bogen)minuten ignorieren können, hätte ich meine Hypothese entsprechend angepasst. Da es aber nicht erlaubt war, sie zu ignorieren, zeigten diese acht Minuten den Weg zu einer vollständigen Reformation der Astronomie.“

Er entwickelte dann das, was wir heute als die drei Keplerschen Gesetze planetarischer Bewegung bezeichnen:

  1. Die Planeten bewegen sich auf elliptischen Bahnen. In einem ihrer Brennpunkte befindet sich die Sonne.
  2. Der Fahrstrahl Sonne-Planet überstreicht in gleichen Zeiten gleich große Flächen.
  3. Die Quadrate der Umlaufzeiten zweier Planeten verhalten sich wie die dritten Potenzen der großen Halbachse.

Seine Ideen wurden nicht allgemein akzeptiert (z. B. lehnten Galileo und Descartes sie beide ab), aber sein Buch „Epitome Astronomiae Copernicae“ („Abriss der kopernikanischen Astronomie“, Anm. d. Übers.) sollte der meistgelesenste Astronomietext seiner Zeit werden.50 Dennoch fehlte ein physikalischer Grund für die Art und Weise, wie die Dinge waren. Zu diesem Zeitpunkt der Geschichte war die Astronomie mit der Astrologie und der Mathematik verbündet und damit tief eingetaucht in Philosophie. Physik wurde als ein völlig eigenständiges Fach behandelt und Kepler wurde selbst für seine kleinen Versuche, die beiden Reiche zu überbrücken, kritisiert.

Tabelle 1: Planeten-Orbitaldaten

Planet Masse (1024 kg) Durch­messer (km) Schwer­kraft (m/s2) Ent­fer­nung von der Sonne (106 km) Um­lauf­pe­ri­o­de (d) Um­lauf­ge­schwin­dig­keit (km/s) Ex­zen­tri­zi­tät Perihel (106 km) Aphel (106 km)
Merkur 0,33 4.879 3,7 57,9 88 47,4 0,205 46 69,8
Venus 4,87 12.104 8,9 108,2 224,7 35 0,007 107,5 108,9
Erde 5,97 12.756 9,8 149,6 365,2 29,8 0,017 147,1 152,1
Mars 0,64 6.792 3,7 227,9 687 24,1 0,094 206,6 249,2
Jupiter 1.898 142.984 23,1 778,6 4.331 13,1 0,049 740,5 816,6
Saturn 568 120.536 9,0 1433,5 10.747 9,7 0,057 1.352,6 1.514,5
Uranus 86,8 51.118 8,7 2872,5 30.589 6,8 0,046 2.741,3 3.003,6
Neptun 102 49.258 11,0 4495,1 59.800 5,4 0,011 4.444,5 4.545,7

Isaac Newton

Isaac Newton (1642-1727 n. Chr.) war schlichtweg einer der größten Wissenschaftler, die je gelebt haben. Unter seinen vielen Errungenschaften war die Entwicklung der universellen Theorie der Schwerkraft (1687 n. Chr.), die besagt, dass alle Objekte im Universum alle anderen Objekte anziehen und dass die Anziehungskraft von der Masse der beiden Objekte und ihrem Abstand abhängt.51 Er gab uns auch die drei Grundgesetze der Bewegung:

  1. Ein ruhendes Objekt bleibt in Ruhe, und ein sich bewegendes Objekt bleibt in Bewegung, es sei denn, es wird von einer äußeren Kraft beeinflusst.
  2. Kraft (F), Masse (m) und Beschleunigung (a) hängen zusammen über die Beziehung: F = m * a
  3. Zu jeder auf ein Objekt ausgeübten Kraft gibt es immer eine gleiche und genau entgegengesetzt gerichtete Kraft.

Bedenken Sie: Galileo sah zuerst, dass kleinere Monde größere Planeten umkreisen. Newton gab dann den Grund dafür an. Wenden Sie nun diesen Gedanken auf das Sonnensystem an: Wir kennen die Größe der Sonne – die Sonne hat viel mehr Masse als die Erde. Wenn Monde ihre massereicheren Planeten umkreisen, dann muss die Erde (und andere Planeten) die viel massereichere Sonne umkreisen! Und in der Tat, auf größeren Skalen sehen wir Kugelhaufen, in denen Sterne ihren gemeinsamen Massenschwerpunkt umkreisen, so gut es uns moderne Supercomputer-Modelle eben sagen können. Und auch wenn hier oft „Dunkle Materie“ ins Spiel gebracht wird, gibt es offensichtlich noch viel mehr zu lernen (z. B. sollten wir vielleicht die neue Physik des Kosmologen Moshe Carmeli übernehmen).52

Wichtig ist, dass Keplers drei Gesetze der planetarischen Bewegung direkt aus Newtons Studien abgeleitet werden können (tatsächlich hat Newton dies auch getan). Wenn man das Newtonsche Gravitationsgesetz und Keplers 1. und 2. Gesetz in einem heliozentrischen System anwendet, stellt sich heraus, dass einer der Schwerpunkte der Keplerschen Ellipsen das Baryzentrum (d. h. der Massenmittelpunkt des Systems) ist. Aber Newton ging noch weiter, und das ist Teil seiner Genialität. Newton erläuterte sehr ausführlich, dass Beweise für seine Theorie nur auf begrenzte Datensätze angewendet werden sollten. Beim Aufbau von Erklärungen für verschiedene Phänomene sollten die Ergebnisse zu immer größeren Erklärungsmodellen zusammengefasst werden, aber auch Abweichungen von den erwarteten Ergebnissen sollten auf konkrete Ursachen zurückgeführt werden. Dies ist eine der wichtigsten Entwicklungen in der Geschichte der experimentellen Wissenschaft, denn sie führte zu immer mehr Messergebnissen und letztlich zu einer immer mehr zunehmenden Verfeinerung der Modelle.

Die einfache Idee, dass jedes Teilchen im Universum jedes andere Teilchen anzieht, kann nun mit erstaunlicher Genauigkeit die Beobachtungen erklären, und diese Beobachtungen stehen in starkem Widerspruch zum absoluten Geozentrismus. Im Sonnensystem gibt es zwar viele chaotische Effekte (Störungen durch noch nicht katalogisierte Objekte), so dass die Mathematik – anders als erwartet – keine perfekten Resultate liefert. Aber das sind alles kleine Effekte. Eine erstaunliche Anzahl von Phänomenen lässt sich hingegen erklären. Zum Beispiel gab Edmund Halley (1656-1742 n. Chr.) – basierend auf antiken Aufzeichnungen über Verfinsterungen – bekannt, dass sich der Mond im Laufe der Zeit zu verlangsamen scheine. Mehrere Theorien wurden von sehr klugen Wissenschaftlern (z. B. Euler und Laplace) aufgestellt, aber die Newtonsche Mechanik bekam schließlich recht (Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Schluss gezogen, dass die Gezeitenreibung die Verlangsamung und die daraus resultierende Rezession verursacht53). Im Laufe der Zeit wurden immer kleinere Abweichungen festgestellt, und Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Hill-Brown-Theorie entwickelt. Ausgehend von rein Newtonscher Mechanik trug sie den vielen kleinen Schwankungen der Erdrotation in Relation zum Mond Rechnung; das meiste davon wurde durch Unregelmäßigkeiten in der Struktur der Erde selbst erklärt – mit anderen Worten, durch weitere Verfeinerungen der Schwerkraftgesetze.

Die Newtonsche Theorie funktioniert hier auf der Erde mit unglaublich hoher Präzision, sie erklärt die Bewegung von Satelliten, sie arbeitet auf dem Mond, ja sie funktioniert im Grunde überall, wo wir sie getestet haben. Wenn der absolute Geozentrismus wahr wäre, sollte nichts davon notwendigerweise der Fall sein. Auch hätten wir aus einem geozentrischen Universum nicht so einfache Gesetze, die zu vielen wahren Vorhersagen führen, ableiten können. Warum sollten wir also überhaupt eine alternative Erklärung zur Geokinetik suchen?

Für diejenigen, die denken, dass die Bibel absoluten Geozentrismus verlangt, ist es bemerkenswert, dass Newton über Theologie sogar mehr schrieb als über Wissenschaft. Sein größtes Werk, so meinte er selbst, sei eine Auslegung der Prophezeiung des Propheten Daniel.54 Er sah im Sonnensystem einen Beweis für den biblischen Gott:

„Dieses schönste System von Sonne, Planeten und Kometen konnte nur aus der Weisheit und der Macht eines intelligenten Wesens hervorgehen. … Dieses Wesen regiert alle Dinge, nicht als innerste Seele dieser Welt, sondern als Herr über alle Dinge; und wegen seiner Herrschaft wird er üblicherweise „Gott, der Herr“ genannt Παντοκράτωρ[Pantokratōr vgl. 2. Korinther 6, 18], oder „Universalherrscher“. … Der höchste Gott ist ein ewiges, unendliches, absolut vollkommenes Wesen.“55

Darüber hinaus war er sehr verärgert über den Atheismus, der in unserer Zeit so viele Menschen in der akademischen Welt dominiert:

„Widerstand gegen die Gottseligkeit ist bekennender Atheismus, sowie praktizierter Götzendienst. Der Atheismus ist so sinnlos und bringt der Menschheit so viel Verachtung entgegen, dass es nie viele gab, die sich zu ihm bekannten.“56

Newton war ein überzeugter Trinitarier [d. h. er glaubte an die Dreieinigkeit Gottes, Anm. d. Übers.], trotz anderslautender Behauptungen und trotz der Tatsache, dass er nicht der gesamten damaligen Lehre der anglikanischen Kirche zustimmen konnte.57

Einstein

Noch vor der Wende zum 20. Jahrhundert hatte man mit der Newtonschen Mechanik eine Reihe von Problemen festgestellt. Urbain Jean Joseph Le Verrier (1811-1877 n. Chr.) stellte erstmals fest, dass die Umlaufbahn des Merkurs um winzige ~40 Bogensekunden pro Jahrhundert von den Newtonschen Vorhersagen abwich. Albert Einstein (1879-1955 n. Chr.) antwortete darauf mit dem Schluss, dass die Newtonsche Mechanik eine gültige Näherung bei geringer Schwerkraft sei; bei stärkerer Schwerkraft hingegen (wie z. B. im Fall der Umlaufbahn des Merkur), verzerrt die Schwerkraft Raum und Zeit. In seiner Veröffentlichung über die allgemeine Relativitätstheorie von 1916 schlug er drei Tests seiner Theorie vor: 1) die Präzession des Merkur [d. h. seine Periheldrehung, eine fortschreitende Drehung der ganzen Bahn in der Bahnebene, Anm. d. Übers.], 2) die Ablenkung des Lichts durch die Sonne und 3) die Rotverschiebung durch die Gravitation der Sonne. Alle drei Effekte und viele weitere wurden bestätigt.

Einsteins Theorien sprechen auch gegen ein absolut geozentrisches Universum. Das wird zu einem doppelten Problem für den Geozentrismus, denn er muss sich damit sowohl mit der experimentell verifizierten Newtonschen Mechanik als auch mit Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie befassen. Von Einstein stammt der berühmte Ausspruch (sinngemäß formuliert): „Tausend Experimente können nicht beweisen, dass ich recht habe. Ein einziges Experiment jedoch kann beweisen, dass ich falsch liege“. Seine Theorien wurden in der Tat getestet und haben diese Tests tausendfach bestanden. So ist es der absolute Geozentrismus, der keine experimentelle Validierung hat, unter experimentellen Widersprüchen leidet, und seine Anhänger sich daher gezwungen sehen, auf immer exotischere Ideen zurückzugreifen, um die vielen Widersprüche zu erklären. Einsteins Theorien basieren hingegen auf denen von James Clerk Maxwell (1831-1879 n. Chr.) und seinen berühmten Gleichungen der Elektrodynamik, Hendrik Lorentz (1853-1928 n. Chr.) und seinen ebenso berühmten Lorentz-Transformationen, und Jules Henri Poincaré (1854-1912 n. Chr.), dessen Überarbeitung der Lorentz-Transformationen den Weg für Einstein ebnete. So stößt der Geozentrismus in der experimentellen Wissenschaft auf immer noch mehr Probleme. Das Universum ist im Rahmen des geozentrischen Systems nicht verstandesmäßig ergründbar, und fast alles, was wir in Zusammenhang mit den grundlegendsten astronomischen Entdeckungen aller Zeiten meinen verstanden zu haben, müsste falsch sein.

Bezugssysteme

Wir haben schon oft darauf hingewiesen, dass die Bibel mit Bezug auf die Astronomie einfach eine spezielle Wahl des Bezugssystems trifft. Jemand, der in einem Zug sitzt, scheint sich nicht zu bewegen, wenn man seine Bewegung relativ zum Zug betrachtet, während er sich im Vergleich zur Außenwelt schnell vorwärts bewegt. Andererseits sieht jemand, der außerhalb des Zuges steht, die Person mit der gleichen Geschwindigkeit wie den Zug vorbeifahren. Der Unterschied besteht darin, dass die beiden Personen unterschiedliche Bezugsrahmen bzw. Bezugssysteme haben. Folglich scheinen für uns hier auf der Erde die Sonne, der Mond, die Planeten und die Sterne uns zu umkreisen – warum sollte die Bibel also nicht die Erde als Bezugsrahmen verwenden?

Schließlich sprechen wir ja auch von einem „angehaltenen“ Auto, und meinen damit, dass es relativ zur Erdoberfläche stehen geblieben ist. Geschwindigkeitsbegrenzungen und Stoppschilder sind ebenfalls relativ zur Erdoberfläche zu verstehen, und das GPS System in vielen unserer Autos verwendet einen fahrzeugzentrierten Bezugsrahmen! Nur ein Pedant würde darauf hinweisen, dass im geokinetischen System ein am Äquator angehaltenes Auto sich aufgrund der Drehung der Erde um ihre Achse mit etwa 1.670 km/h relativ zum Massenschwerpunkt der Erde bewegt,58 mit 108.000 km/h um die Sonne kreist und mit 800.000 km/h um das Zentrum der Galaxie. Sir Fred Hoyle (1915-2001 n. Chr.), kein Freund des Christentums, erklärte:

„Die Beziehung der beiden Bilder[Geozentrizität und Geokinetik] wird auf eine bloße Koordinatentransformation reduziert und es ist der Hauptgrundsatz der Theorie von Einstein, dass zwei beliebige Sichtweisen auf die Welt, die durch eine Koordinatentransformation miteinander verbunden sind, aus physikalischer Sicht völlig gleichwertig sind. Physikalisch betrachtet können wir heute nicht sagen, dass die kopernikanische Theorie `richtig´ und die ptolemäische Theorie `falsch´ ist.“59

Beachten Sie unbedingt, dass Hoyle über eine Koordinatentransformation zwischen zwei beliebigen Bezugsrahmen in einem geokinetischen Universum spricht, nicht über eine dynamische Erklärung der Physik, die die Bewegung der Dinge in einem geokinetischen vs. absolut geozentrischen Modell beschreibt! Sobald Sie eine Reihe von Bewegungsgleichungen für ein geo- und heliozentrisches Modell haben, können Sie zwischen ihnen hin und her wechseln. So weit, so gut. Sobald man aber die Physik (d. h. die Gravitation) einführt, arbeitet ein Modell mit der Physik zusammen, während das andere lediglich eine Reihe von Bewegungsgleichungen ist ohne jeden Bezug zur Physik. Ein Mitarbeiter von Stephen Hawking, der südafrikanische Kosmologe und theistische Evolutionist George Ellis, wurde wie folgt zitiert:

„Die Leute müssen sich darüber im Klaren sein, dass es eine ganze Reihe von Modellen gibt, die die Beobachtungen erklären können.“ argumentiert Ellis „Zum Beispiel kann man ein Kugel-symmetrisches Universum konstruieren mit der Erde im Mittelpunkt, das nicht anhand von Beobachtungen widerlegbar ist.“ Ellis schrieb dazu sogar eine Veröffentlichung. „Man kann es nur aus philosophischen Gründen ausschließen. Meiner Meinung nach ist daran nichts Falsches. Was ich damit zum Ausdruck bringen möchte, ist die Tatsache, dass wir bei der Auswahl unserer Modelle philosophische Kriterien anwenden. Eine Menge Kosmologie versucht, dies zu verbergen.“60

Ellis spricht hier über den Urknall im Vergleich zu anderen kosmologischen Modellen, und nicht über den Geozentrismus im Vergleich zur Geokinetik. Der Punkt ist aber, dass sich die Philosophie oft in Diskussionen darüber einmischt, wie das Universum funktioniert. Ellis hätte dasselbe auch über einen buchstäblich erdzentrierten Rahmen sagen können. Geozentristen zitieren oft fröhlich vermeintlich geozentrische „Beweise“ in der Kosmologie, übersehen dabei aber, dass diese auf galaktischer Skala gelten – eine Skala, die viel zu groß ist, um Heliozentrismus vom Geozentrismus zu unterscheiden. Wenn es nur um die Wahl des Bezugssystems ginge, hätten wir kein Problem mit einem geozentrischen Bezugsrahmen. Das ist jedoch nicht das, was moderne Geozentristen behaupten. Vielmehr bestehen sie darauf, dass die Erde der einzig gültige Bezugsrahmen ist, oft kombiniert mit beleidigenden ad hominem Angriffen auf den Glauben der christlichen geokinetischen Pioniere.

Hoyle, Einstein und Ellis (sowie Kardinal Nicholas von Kues im 15. Jahrhundert) machten alle die Aussage, dass wir durch Koordinatentransformation von einem zum anderen System wechseln könnten. Die Frage ist nur, warum wir das überhaupt wollten, sei es nun für Bahnen in unserem Sonnensystem, in der Galaxie oder im ganzen Kosmos?! Es ist richtig, dass man leicht zwischen dem kopernikanischen, tychonischen und ptolemäischen System wechseln kann, da jedes dieser Systeme auf Kreisbahnen beruht. Sie könnten daher zwar ein komplexeres geozentrisches Modell mit elliptischen Bahnen konstruieren, aber Sie würden trotzdem scheitern. Denn um ein umfassendes geozentrisches Modell zu erstellen, bräuchten Sie Dutzende, wenn nicht Hunderte von ad-hoc-Parametern, die notgedrungen hinzugefügt werden müssten, um die vielen kleinen Abweichungen zu erklären. Newtons einfaches Gravitationsgesetz hingegen kann diese Effekte ohne Weiteres erklären. Der Geozentrismus hat nicht wirklich ein „Modell“ im mathematischen Sinn. Und das bedeutet, dass die Mathematik für den Übergang von einem geokinetischen zu einem geozentrischen Universum fast unvorstellbar kompliziert ist. Viele moderne „Geozentristen“ machen außerdem eine weitere ad-hoc-Anpassung, die ihre Theorie per Definition zum Scheitern verurteilen sollte: sie platzieren die Erde nicht genau in der Mitte! Das ist ein stillschweigendes Eingeständnis, dass Kepler von Anfang an Recht damit hatte, dass sich die Sonne im Brennpunkt und nicht im Mittelpunkt der elliptischen Bahnen befindet. Folglich haben sie ein neotychonisches System, in dem Mond und Sonne die Erde umkreisen, während die Planeten die Sonne umkreisen, und alles mit elliptischen Bahnen. Diese Lockvogeltaktik wird auch nicht besser durch die neue Wortschöpfung „Geozentrismus“.61 Gerade diese Anhäufung von ad-hoc-Parametern im geozentrischen Modell war ja die Ursache dafür, dass die Wissenschaftler überhaupt erst anfingen, nach einer besseren Erklärung zu suchen. Die Transformation funktioniert in der Praxis nur in allererster Näherung.

Die geokinetische Argumentation fängt hingegen mit dem sehr einfachen Newtonschen Gesetz an: Alle Objekte im Universum ziehen einander nach einem invers quadratischen Gesetz an. Alles andere ergibt sich logisch daraus. Warum stürzt nicht alles im Sonnensystem in die Sonne? Weil der Drehimpuls die Anziehungskraft der Gravitation ausgleicht. Dies funktioniert, bis man die Größe von Galaxien und Galaxienhaufen erreicht hat, und es ist ein laufendes Forschungsgebiet unter Evolutionisten und Kreationisten, mit verschiedenen konkurrierenden Modellen. Aufgrund des zweiten Newtonschen Gesetzes, Beschleunigung = Kraft/Masse, beschleunigen die massereicheren Objekte bei gleicher Kraft weniger. Bei Objekten mit stark unterschiedlichen Massen ist es daher in erster Näherung sinnvoller, das massereichste Objekt als unbewegliches Zentrum zu betrachten. In Wahrheit dreht sich alles im Sonnensystem um den Massenschwerpunkt (das Baryzentrum). Für das System Erde-Sonne liegt dieser Punkt 450 km vom Zentrum der Sonne entfernt (0,065% des Sonnenradius),62 so dass die Annahme einer zentralen Sonne eine sehr gute Näherung ist.63

13520-barycenter
Die Lage des Baryzentrums des Sonnensystems ändert sich im Lauf der Zeit in Abhängigkeit von der Position der Planeten.

Die Geozentrismus-Debatte ähnelt in vielerlei Hinsicht der Frage „Sind Menschen wirklich auf dem Mond gelandet?“. Warum hätten sie das nicht tun können, wenn alles, was wir über die experimentelle Wissenschaft wissen (über die Schwerkraft, die Eigenschaften beschleu­nigender Objekte, dem Funktionieren von Strahltrieb­werken, Geometrie, Trigonometrie, Analytik usw., usw.), dafür spricht, dass es durchaus möglich ist? Tatsächlich könnte ein motivierter Gymnasiast viele der notwendigen Berechnungen durchführen. Ebenso stellt die Einfachheit, Eleganz und die enorme Vorhersagekraft der Geokinetik eine riesige Beweislast für den Geozentristen dar.

In der Wissenschaft gibt es viele nützliche Bezugssysteme. Beispielsweise finden es Elektroingenieure oft am bequemsten, beim Studium von Induktionsmotoren als Bezugssystem eine „Wanze“ an den Rotoren anzubringen, um besser zu verstehen, wie das rotierende Magnetfeld mit der Rotation des Motors außer Phase gerät. Wenn man die Bewegungen aller Sterne in unserem lokalen Cluster berechnet, bewegen wir uns mit etwa 70.000 km/h auf das Sternbild Leier zu (geokinetisch betrachtet), in Bezug auf das galaktische Zentrum bewegen wir uns sogar mit etwa 800.000 km/h. Zu sagen, dass alle Bezugsrahmen gültig sind, ist der zentrale Punkt der Relativitätstheorie. Wenn man dann jedoch behauptet, dass ein geozentrisches Bezugssystem das einzig wahre oder gültige Bezugssystem sei, verstößt man gegen genau das Prinzip, auf das man sich eigentlich verlässt. Und überhaupt: Wie sollte man verhindern, dass jemand behauptet, das Zentrum des Universums befände sich an der Spitze seiner eigenen Nase („Idiozentrismus“), da dies doch offensichtlich in 100%-iger Übereinstimmung mit jeder persönlichen Beobachtung ist, die Menschen jemals gemacht haben?!

Weitere Belege (oder warum die Erde sich nicht im absoluten Mittelpunkt befinden kann)

Die Beschleunigung von Objekten im Universum

Nach Newtons erstem Gesetz neigt ein sich bewegendes Objekt dazu, sich auf einer geraden Bahn zu bewegen. Um also etwas zu umkreisen, muss sich ein Objekt drehen. Mit anderen Worten, es muss beschleunigt werden - für einen Physiker bedeutet das jede Änderung der Geschwindigkeit oder der Richtung. Das zweite Newtonsche Gesetz besagt, dass die erforderliche Kraft proportional zur Masse und zur Beschleunigung ist (F=m*a). Wenn sich das gesamte Universum um die Erde drehen würde (es also beschleunigt würde), wie viel Kraft wäre dann erforderlich, um die Dinge davon abzuhalten, wegzufliegen? Hier gilt: Je weiter das Objekt entfernt ist, je größer also der Bahnradius ist, desto größer die Beschleunigung! Bedenken Sie auch, dass es überwältigende Beweise gegen feste Kugelsphären gibt, die die Sterne und Planeten an Ort und Stelle halten: da wir nämlich die Entfernung zu vielen Sternen mit Hilfe der Parallaxe messen können, gibt es keine einzige „Kugelsphäre“, auf der sie festsitzen könnten. Basierend auf den Newtonschen Gesetzen können wir die Masse vieler Sterne näherungsweise berechnen und die Masse vieler weiterer Objekte abschätzen. Die Kraft, die erforderlich wäre, um sie in kreisförmigen Umlaufbahnen um die Erde mit Geschwindigkeiten größer als die Lichtgeschwindigkeit (siehe unten) zu halten, wäre im wahrsten Sinne des Wortes astronomisch groß!64

Die Geschwindigkeit von Objekten im Universum

Wenn sich Objekte um die Erde drehen, können wir die Geschwindigkeit berechnen, mit der sie sich bewegen, und die Geschwindigkeit hängt dabei von ihrer Entfernung ab. Sie müssen Tag für Tag den ganzen Umfang ihrer Umlaufbahn zurücklegen. Zumindest in der Urknalltheorie gibt es nichts, was Sterne daran hindert, sich schneller zu bewegen als die Lichtgeschwindigkeit c. Dies wird als „Überlichtgeschwindigkeit“ bezeichnet, und Urknall-Kosmologen gehen davon aus, dass alles außerhalb eines Hubble-Radius (etwa 14 Milliarden Lichtjahre) sich von uns mit einer Geschwindigkeit größer als c entfernt. In einem geozentrischen Universum würde sich aber jedes Objekt außerhalb der Umlaufbahn des Neptuns schneller als c bewegen, denn es würde mehr als einen Tag dauern, einen Kreis dieses Umfangs mit Lichtgeschwindigkeit zu durchqueren. Wenn der Geozentrismus wahr wäre, sollte es darüber hinaus eine „Weltraum-Corioliskraft“ geben, die sich bei den Pioniersonden und anderen Objekten, die wir in den Weltraum schickten, bemerkbar macht. Hier auf der Erde bemerken wir die Corioliskraft, wenn Objekte einen anderen Trägheitsbezugsrahmen durchqueren als den, in dem sie ihre Bewegung begonnen haben. Es sollte daher auch eine „Weltraum-Corioliskraft“ geben, denn Objekte, die die Erde verlassen, fangen ihre Bewegung in einem Trägheitsbezugssystem an, das sich radikal von demjenigen unterscheidet, zu dem sie reisen. Wenn wir auf einen bestimmten Planeten zielen, sollten sie das Ziel Millionen von Kilometern verfehlen! Beachten Sie, dass dieses Argument ähnlich dem ist, das Kopernikus aus Ptolemäus´ „Syntaxis“ zitierte (siehe oben), nur dass wir hier anstelle eines sich auf gekrümmter Bahn fallenden Objekts ein sich auf gekrümmter Bahn steigendes Objekt haben.65 Um zu einem Planeten zu gelangen, müsste das Schiff auf unglaubliche Geschwindigkeiten beschleunigt werden. Woher sollte die dazu nötige zusätzliche Antriebskraft kommen? Und wenn diese Beschleunigung nicht erfolgt wäre, wenn also eines unserer Schiffe zufällig auf einen der fernen Planeten träfe, würde es mit einer solch hohen Geschwindigkeit mit ihm zusammenstoßen, dass der Planet dabei vollständig zerstört würde. Dies unterstreicht die Hoffnungslosigkeit, ein dynamisches Modell für den Geozentrismus aufzustellen, wenn wir die Umgebung der Erde verlassen.

Hier ist ein weiteres Beispiel für das Geschwindigkeitsproblem: Der Mond umkreist die Erde mit etwa 1 km/s, bei einer durchschnittlichen Entfernung vom Erdmittelpunkt von 385.000 km (basierend auf einfacher Trigonometrie). In einem geozentrischen Universum kreist er nicht alle 27,32 Tage, sondern täglich um die Erde, d. h. er muss sich mit etwa 27 km/s bewegen. Dies ist viel schneller als die Apollo-Raumsonde, die in den 1970er Jahren zum Mond geschickt wurde. Tatsächlich ist es schneller als die 11,2 km/s, die benötigt werden, um die Fluchtgeschwindigkeit zu erreichen. Der Mond sollte in den Weltraum hinaussegeln, aber das tut er nicht, weil er nämlich in Wahrheit gar nicht diese hohe Umkreisungsgeschwindigkeit hat und durch die Schwerkraft gut an seinem Platz festgehalten wird.

Bedenken Sie auch, was nötig wäre, um einen langzeitperiodischen Kometen von seinem sonnenfernsten Punkt (Aphel) zu seinem sonnennächsten Punkt (Perihel) zu befördern. Wir können die Masse vieler verschiedener Kometen abschätzen (und nach dem oben beschriebenen Rosetta/Philae Rendezvous kennen wir die Masse zumindest eines Kometen mit sehr hoher Genauigkeit), und so wissen wir, wie viel Kraft nötig wäre, um die notwendige Beschleunigung aufzubringen, und die Kometen in einem geozentrischen Universum näher heran an die Sonne zu bringen. Um von einer Geschwindigkeit größer als c auf eine Geschwindigkeit viel kleiner als c abzubremsen, und dann wieder auf Überlichtgeschwindigkeit zu beschleunigen, bräuchten die Kometen einen Warpantrieb!

Noch ein weiteres Geschwindigkeitsproblem ergibt sich aus unseren eigenen kleinen Satelliten, die die Erde umkreisen. Nach der Newtonschen Physik und bei einer rotierenden Erde erscheint ein Satellit stationär am Himmel, wenn er eine kreisförmige Umlaufbahn über dem Äquator hat und sich in gleicher Richtung und mit gleicher Geschwindigkeit wie die Erde dreht. Mit anderen Worten, er hat eine Umlaufzeit von einem siderischen Tag (23,934461223 Stunden). Ein solcher Satellit wird als geostationär bezeichnet, und damit dies funktioniert, muss die Höhe des Satelliten 35.786 km über dem Meeresspiegel betragen. Nur in dieser Höhe wird die Erdanziehungskraft die richtige zentripetale Beschleunigung liefern, um die Umlaufbahn mit der richtigen Periode zu erzeugen. (Hinweis: Geostationäre Bahnen sind eine Teilmenge geosynchroner Bahnen. Letztere haben zwar auch eine Umlaufperiode von einem Tag, halten also mit der Erdrotation Schritt, aber wenn die Bahn elliptisch oder schräg verläuft, erscheint der Satellit nicht stationär.) Wenn sich aber die Erde nicht bewegt, dann muss auch der Satellit still stehen. Es müssen viele ad-hoc Argumente aus dem Hut gezogen werden, um zu erklären, wie es einem rotierenden Universum gelingt, einen Satelliten bewegungslos im Weltraum in einer bestimmten Höhe festzuhalten, anstatt der Schwerkraft der Erde Folge zu leisten.

Die Aberration des Sternenlichts

Die Geschwindigkeit der Erde ändert sich, wenn sie die Sonne umkreist, daher ändert sich der scheinbare Standort der Sonne mit der Zeit. So wie Regen bei der Fahrt im Auto an einem regnerischen Tag schräg zu fallen scheint, scheint sich für einen Beobachter die Richtung zu verschiedenen Sternen zu verändern, während sich die Erde um die Sonne dreht. Dies wurde erstmals um 1500 bemerkt, aber man hatte dafür noch keine Erklärung; außerdem störte es die Suche nach stellaren Parallaxen. Die Aberration des Lichts wurde erst 1729 von James Bradley (1693-1762 n. Chr.) erklärt. Er lieferte auch einen akzeptable Näherungswert für die Lichtgeschwindigkeit (294995 km/s, 98,4% des wahren Wertes). Die Aberration ist eine direkte Folge der Bewegung der Erde um die Sonne und steht im Einklang mit der Newtonschen Physik. Im geozentrischen Bereich müssen jedoch willkürliche Begründungen angeführt werden, um sie zu erklären.

Denken Sie einmal darüber nach: Wenn sich das Universum um die Erde drehen würde, würden die Sterne die Erde 365 Mal im Jahr umkreisen. Für einen Stern, der genau 10 Lichtjahre entfernt ist, würde sich der Stern 3.652,42 Mal drehen, bevor sein Licht die Erde erreichen würde. Mit anderen Worten, der Lichtstrahl sollte eine Bahn beschreiben, die einer sehr engen Spirale ähnelt, mit Spiralarmen, die 24 Lichtstunden voneinander entfernt sind (unter der Annahme einer endlichen und konstanten Lichtgeschwindigkeit). Dies wäre leicht zu messen. Und da wir mittlerweile mehrere Raumsonden (mit Kameras) weit genug von der Erde entfernt positioniert haben, wäre dies inzwischen entdeckt worden. Dies bedeutet, dass sich die Sterne nicht um eine stationäre Erde drehen.

Die Entdeckung von Neptun

1781 entdeckte Sir Frederick William Herschel (1738-1822 n. Chr.) den Planeten Uranus. Nach weiteren Beobachtungen wurde seine genaue Umlaufbahn von Anders Johan Lexell (1740-1784 n. Chr.) ermittelt. Leichte Störungen in der gemessenen Umlaufbahn des Uranus führten jedoch 1846 zur Vorhersage eines anderen, bisher unentdeckten Planeten durch Le Verrier. Noch am selben Abend, als Le Verriers Brief mit der Vorhersage eines bisher unentdeckten Planeten an der Berliner Sternwarte ankam, wurde Neptun dort von Johann Gottfried Galle (1812-1910 n. Chr.) entdeckt. Dies war vielleicht die größte Errungenschaft des Newtonschen Systems und gilt als eine der größten Leistungen der experimentellen Wissenschaft. Die Störungen, die Jupiter und Saturn auf Uranus ausüben, sind größer als die von Neptun, und daher konnte Neptun nur durch die genaue Anwendung der Newtonschen Gravitationstheorie (indem die Effekte von Jupiter und Saturn herausgerechnet wurden) entdeckt werden. Noch erstaunlicher ist, dass Uranus mit einer Umlaufzeit von 84 Jahren noch nicht einmal einen einzigen Umlauf um die Sonne absolviert hatte, bevor er zum Auffinden von Neptun herangezogen wurde! Die Vorbeiflüge an Neptun durch die Pioneer-Sonden ermöglichten uns eine noch genauere Abschätzung von Neptuns Masse. Dies wiederum löste ein Rätsel, das sich infolge früherer, weniger genauer Schätzungen gestellt hatte: die Notwendigkeit eines hypothetischen zehnten Planeten, um bestimmte Diskrepanzen zu erklären, löste sich in Luft auf. Können Sie erkennen, wie die Newtonsche Methodik zu immer weiteren erfolgreichen Verfeinerungen des geokinetischen Systems führte?

Absoluter Geozentrismus hätte von dessen Orbitalmechanik her Uranus und Neptun nie vorhersagen können. Sowohl das ptolemäische als auch das tychonische Modell sind ja rein kinematisch; d. h. sie beschreiben nur das äußere Erscheinungsbild der Bahnen der Planeten. Alle beobachteten Abweichungen werden einfach auf das Modell übertragen – was bedeutet schon ein weiterer Epizyklus hier oder da?! Nur bei einem dynamischen Modell, bei dem Kräfte Bewegungen verursachen, kann eine Abweichung von den Vorhersagen eine reale Bedeutung haben.

Die Rückkehr des Halleyschen Kometen

Alexis-Claude Clairaut (1713-1765 n. Chr.) berechnete 1759 erfolgreich das erneute Eintreten des Halleyschen Kometen ins Perihel. Dazu musste er die Gravitationswirkung von Jupiter und Saturn auf den Kometen und die Wirkung von Jupiter auf die Sonne berücksichtigen. Mit Hilfe der damals fortschrittlichsten Mathematik (Infinitesimalrechnung) benötigten seine detaillierten Berechnungen mehrere Jahre. Am Ende lag er – im Rahmen seiner Rechengenauigkeit – um nur einen 1 Monat daneben. Dies galt als ein Triumph der Newtonschen Gravitationstheorie und es half enorm, Mathematik und Physik zusammenzubringen. Davor waren viele damaligen Zeitgenossen überzeugt, Mathematik sei nur reine, angewandte Logik, die physische Welt hingegen mysteriös und unergründlich. Man ging nicht wie selbstverständlich davon aus, dass Theorie und Praxis zusammenpassen. Dies änderte sich nach 1759.66

Ausgeklügelte Bahnmechanik

Es gibt mehrere Stellen in jedem Planetensystem, die Lagrange-Punkte genannt werden, an denen die Anziehungskraft der Sonne genau die des Planeten ausgleicht, was bedeutet, dass ein Objekt den Planeten mit der gleichen Rotationsrate umlaufen kann wie sich der Planet um sich selbst dreht, und das, obwohl es einen anderen Abstand zur Sonne hat. Die ersten drei Lagrange-Punkte wurden von dem großen Mathematiker und überzeugten Christen Leonhard Euler (1707-1783 n. Chr.) entdeckt. 1772 beschrieb sein fähiger Schüler und Nachfolger Joseph-Louis Lagrange (1736-1813 n. Chr.) die beiden anderen. Diese Entdeckungen (und ihre spätere Bestätigung) basierten direkt auf der Newtonschen Theorie. In einem exzellenten Beispiel angewandter Newtonscher Physik wurde auch das Weltraumteleskop Gaia der ESA an einem Lagrange Point (L2, um genau zu sein) platziert. Es war bereits bekannt, dass L2 instabil ist (kleine Abweichungen vom Gleichgewicht wachsen exponentiell mit der Zeit). Um daher den Satellit an Ort und Stelle zu halten und dabei gleichzeitig die kleinstmögliche Menge an Treibstoff zu verbrauchen, wurde der Satellit in eine schleifenartige Lissajous-Umlaufbahn gebracht, die ihn außerdem aus dem Erdschatten heraushielt. Dieser elegante „Tanz“ wurde durch die geokinetische Theorie ermöglicht.

Die Äquatorwulst

Newton bemerkte, dass Jupiter eine äquatoriale Wölbung hat, und er begründete dies damit, dass er sich dreht und eine fiktive Zentrifugalkraft im Bezugssystem des Jupiters verursacht.67,68 Er argumentierte dann, dass auch die Erde eine Wölbung haben müsse und machte sich daran, ihre Größe abzuschätzen. Und in der Tat, der Meeresspiegel ist am Äquator etwa 21 km „höher“ als an den Polen. Auch andere rotierende Körper haben eine äquatoriale Ausbuchtung, darunter Mars, Saturn, Uranus, Neptun und der Asteroid Ceres. Am Äquator ergibt sich eine Reduzierung der scheinbaren Gravitation um 0,5% im Vergleich zu den Polen. 70% davon sind auf die „Zentrifugalkraft“ zurückzuführen, die der Anziehungskraft der Schwerkraft entgegenwirkt. Der Rest ergibt sich aus der durch die Wölbung verursachten Abstandsdifferenz zum Erdmittelpunkt. Dies reicht aus, um den Gipfel des äquatorialen Vulkans Chimborazo zum am weitesten vom Erdmittelpunkt entfernten Punkt auf der Erdoberfläche zu machen, und nicht, wie man vermuten könnte, den Mount Everest. Die äquatorialen Ausbuchtungen von Objekten im nahen Weltraum sind auf die Rotation zurückzuführen. Die Erde hat eine ähnliche Ausbuchtung. Der Geozentrismus muss die Behauptung aufstellen, dass die beiden Phänomene auf unterschiedliche Ursachen zurückzuführen sind, was unsinnig ist.

Um fair zu bleiben, könnten Geozentristen theoretisch das Problem mit Hilfe der Relativitätstheorie lösen. Max Born (1882-1970 n. Chr.), Nobelpreisträger und Pionier der Quantenmechanik, betonte:

„So könnten wir zu Ptolemäus´ Standpunkt einer `bewegungslosen Erde´ zurückkehren… Man muss zeigen, dass die transformierte Metrik aus Einsteins Feldgleichungen durch weit entfernte rotierende Massen erzeugt wird. Dies wurde von Thirring durchgeführt. Er berechnete ein Feld aufgrund einer rotierenden, hohlen, dickwandigen Kugel und bewies, dass es sich innerhalb des Hohlraums so verhielt, als gäbe es die Zentrifugal- und andere Trägheitskräfte, die üblicherweise dem absoluten Raum zugeschrieben werden. Aus Einsteins Sicht haben also Ptolemäus und Kopernikus gleichermaßen Recht.“69

Aber auch hier wieder sagte Born nur, dass es möglich, nicht aber zwingend oder gar praktisch sei. So können beispielsweise Erdbeben die Rotation der Erde beeinflussen, weil sie die Masse umverteilen können, und dies kann relativ leicht berechnet werden. Eine geozentrische Erklärung würde hingegen bedeuten, dass ein Erdbeben das gesamte Universum betrifft! Und ironischerweise lehnen viele absolute Geozentristen die Relativitätstheorie ab, da sie nicht zugeben wollen, dass Nicht-Geozentrismus genauso richtig ist wie Geozentrismus selbst.70

Das eigenartig wackelnde Universum

Wenn die Erde im Zentrum von allem ist, müssen wir erklären, warum die Ereignisse, die hier auf der Erde geschehen, den Rest des Universums beeinflussen. Zum Beispiel entdeckte Bradley, dass die Erdachse „wackelt“, ähnlich wie bei einem Kreisel, der sich dreht. Solche „Nutationen“ werden durch die Newtonsche Theorie mit hoher Genauigkeit erklärt, wären aber nichts anderes als willkürliche Veränderungen in der Rotation des Kosmos im Fall von Geozentrismus. Es ist auch bekannt, dass Erdbeben, wie dasjenige, das den massiven Tsunami in Japan im Jahr 2009 verursachte, die Rotation der Erde beeinflussen. Wissenschaftler haben tatsächlich eine Änderung der Rotationsgeschwindigkeit der Erde nach diesem Ereignis gemessen. Wenn der Geozentrismus wahr wäre, würden Nutationen und Erdbeben die Rotationsgeschwindigkeit des gesamten Universums verändern! Doch seltsamerweise, obwohl es keinen Grund gibt zu glauben, dass alle Objekte im Universum miteinander verbunden sind, ändern sie alle gleichzeitig ihre Rotationsgeschwindigkeit. Und das, obwohl sich diese Objekte in sehr unterschiedlichen Abständen zur Erde befinden. D. h. es gibt eine Zeitverzögerung, die zu berücksichtigen ist. Treten die Änderungen bei Objekten, die weiter entfernt sind, früher auf als bei Objekten, die uns näher liegen, und sind all diese aufeinanderfolgenden Ereignis exakt mit zukünftigen Ereignissen hier auf der Erde synchronisiert? Die Antwort ist: Nein. Wir sehen, wie sich alles im Universum gleichzeitig ändert, weil es die Erde selbst ist, die ihre Rotationsgeschwindigkeit ändert.

Die Corioliskraft

Die oben bereits erwähnte Corioliskraft ist benannt nach dem französischen Ingenieur und Mathematiker Gaspard-Gustave Coriolis (1792-1843 n. Chr.). Die Newtonschen Bewegungsgesetze besagen, dass sich ein Objekt in einer geraden Linie bewegt, wenn nicht eine äußere Kraft darauf einwirkt. Dies gilt für jede Bewegung auf der Erde oder einem anderen rotierenden Körper – jeder externe Beobachter würde eine geradlinige Bewegung sehen.

Aber aus der Sicht eines stationären Beobachters auf dem rotierenden Körper selbst erscheint die Bewegung abgelenkt. Ein Objekt, das von der sich bewegenden und rotierenden Erde entkoppelt ist, bewegt sich unabhängig davon, was die Erde gerade tut, in einer geraden Linie. Um diese „Ablenkung“ im Rahmen der Newtonschen Mechanik zu erklären, muss daher eine fiktive Kraft oder Pseudokraft postuliert werden, um die „Ablenkung“ zu bewirken. Dies ist die „Corioliskraft“, die sowohl senkrecht zur Drehachse als auch senkrecht zur Bewegung des Objekts wirkt.

Dies ist wichtig für Zyklone, ein großflächiges Wetterphänomen, bei dem die Luft in einen Niederdruckbereich hineinströmt. Anstatt aber den direkten Weg zu nehmen, wird die Luft abgelenkt, so dass sich Zyklone auf der Nordhalbkugel gegen den Uhrzeigersinn und auf der Südhalbkugel im Uhrzeigersinn drehen.

Weil sich die Erde so langsam dreht - einmal am Tag - ist der Coriolis-Effekt vernachlässigbar, solange keine großen Entfernungen im Spiel sind.71,72 Es gibt einfach keinen guten Grund, die Beobachtungen auf ein Universum zurückzuführen, das sich um eine stationäre Erde dreht.73

Wenn wir uns den Großen Roten Fleck auf der Südhalbkugel des Jupiter ansehen, stellen wir fest, dass er sich genauso verhält wie Hurrikanes auf der Nordhalbkugel hier auf der Erde, die sich gegen den Uhrzeigersinn drehen. Das liegt daran, dass bei Hurrikanes der Wind nach innen in Richtung eines Tiefdruckgebiets bläst, während der Große Rote Fleck auf Jupiter ein Antizyklon ist (d. h. der Wind bläst von einem Hochdruckgebiet nach außen). Und natürlich ist der Große Rote Fleck viel größer als alle Stürme auf der Erde - tatsächlich sogar größer als die ganze Erde. Allem Anschein nach ist sein Verhalten darauf zurückzuführen, dass die Corioliskraft auf einen antizyklonalen Kreisel wirkt, der sich über einen sich drehenden Planeten bewegt. Wir können beobachten, wie sich Jupiter um die eigene Achse dreht. Wir sehen Beweise für die physikalischen Auswirkungen dieser Drehung. Schauen wir uns jetzt die Erde an. Auch hier sehen wir die Corioliskraft als Beweis für die physikalischen Kräfte, die bei der Rotation auftreten. Bedeutet das nicht, dass sich auch die Erde dreht?

Schlussfolgerungen

Es gibt viele andere geokinetische Beispiele, die wir in diese Diskussion hätten einbringen können. Wir haben uns entschieden, uns nur an diese wenigen Beispiele zu halten, und wir haben die Beispiele nach ihrer Wichtigkeit geordnet. Alles in allem ist klar, dass der absolute Geozentrismus extreme Probleme hat. Wir ermutigen jeden, der sich mit nicht-Newtonschen Ideen beschäftigt, loszulassen und die Erde ihren eigenen Platz am Himmel finden zu lassen.

Der Triumph der geokinetischen Theorie ist eines der größten Beispiele für wissenschaftliches Bestreben in der Geschichte des Menschen. Sie wurde von Wissenschaftlern mit einer biblischen Weltanschauung entwickelt, von Theologen mit einer biblischen Weltanschauung bestätigt und wird heute von Menschen mit einer biblischen Weltanschauung akzeptiert. Es passt auch zu allen relevanten Daten. Das sind die Gründe, warum wir sie unterstützen.

Der größte Beitrag der westlichen Wissenschaft, die gleichsam von Christen entwickelt wurde, ist die Vorstellung, dass das Universum rational ist. Dies steht im Einklang mit der biblischen Annahme, dass sich das Universum in geordneter Weise verhält, weil der ultimative Gesetzgeber nicht etwas geschaffen hätte, das seiner Natur widerspricht. Unser Gott ist unveränderlich. Es gibt keinen „Schatten infolge von Wechsel“ bei ihm (Jakobus 1, 17). Er ist nicht unbeständig. Er ist nicht wie heidnische Götter. Er ist nicht wie Zeus, der auf dem Olymp sitzt und darauf wartet, einen Blitz auf die Erde zu schleudern, wann immer er gerade das Leben (oder ein wissenschaftliches Experiment!) eines Menschen durcheinanderbringen will. Er ist nicht „Chaos“, das eine rationale Interpretation von Ereignissen verhindern würde. Er ist nicht „Natur“ – denn wenn die Natur lebendig wäre, hätte sie einen eigenen Willen und Wissenschaft wäre nicht möglich. Nein, unser Gott hat ein Universum geschaffen, in dem wir leben können, und das erhebt seinen Namen. Er hat uns auch gesagt, dass wir unseren Verstand nutzen und das Universum verstehen sollen, das er für uns geschaffen hat. Dieses Universum sollte daher verständlich sein, und die geokinetische Theorie ermöglicht ein solches Verständnis.

Literaturangaben

  1. Sarfati, J., The flat earth myth, Creation 35(3):20–23, 2013. Zurück zum Text.
  2. Nicole Oresme, Le Livre du Ciel et du Monde (The Book of Heaven/Sky and the World), 1377. Zurück zum Text.
  3. Hannam, J., God’s Philosophers: How the Medieval World Laid the Foundations of Modern Science, Icon Books, ch. 12, 2010. Veröffentlicht in den USA als The Genesis of Science: How the Christian Middle Ages Launched the Scientific Revolution. Zurück zum Text.
  4. Hannam, J., Ref 3. Zurück zum Text.
  5. Graney, C.M., Mass, speed, direction: John Buridan’s 14th-century concept of momentum, The Physics Teacher 51(7):411–414, October 2013. Zurück zum Text.
  6. Hannam, J., Ref. 3. Zurück zum Text.
  7. Nikolaus von Kues, De Docta Ignorantia (On Learned Ignorance) 2(12), 1440, übersetzt in Englische von Jasper Hoskins; jasper-hopkins.info/DI-II-12-2000.pdf. Zurück zum Text.
  8. Ganz ähnlich dachte sich auch Charles Darwin sicher nicht allein die Evolutionstheorie aus! Siehe Bergman, J., Did Darwin plagiarize his evolution theory? Journal of Creation 16(3):58–63, 2002. See also Sutton, M., A Bombshell for the History of Discovery and Priority in Science, 2013; thedailyjournalist.com/the-historian/a-bombshell-for-the-history-of-science. Zurück zum Text.
  9. Interessanterweise gibt uns das einen Hinweis, in welchem Teil des Monats die Schlacht stattfand: der Mond befand sich tagsüber westlich der Sonne, was bedeutet, dass der Monat weit fortgeschritten war und er sich in abnehmender Phase befand bzw. die Vollmondphase schon deutlich überschritten hatte. Zurück zum Text.
  10. Die meisten Neuseeländer kennen die Legende der Māori, in der der Halbgott Maui vorkommt, der die Sonne einfing bevor sie aufgehen konnte, und dann auf sie einschlug, so dass sie langsamer wurde. Das Heidentum ist eine erst später erfolgte Modifikation des ursprünglichen Glaubens an einen einzigen, höchsten Schöpfergott. Zurück zum Text.
  11. Brown, F., Driver, S.R., and Briggs, C.A., A Hebrew and English lexicon of the Old Testament, Hendrickson Publishers, UK, 1996; online zu lesen auf biblehub.com. Zurück zum Text.
  12. Livingston, G. Herbert et al., Beacon Bible Commentary, Volume 1: Genesis through Deuteronomy, p. 32, 1969. Zurück zum Text.
  13. See BAGD, Louw–Nida. Zurück zum Text.
  14. Seely, P.H., The three-storied universe, J. American Scientific Affiliation 21(1):19, 1969. Zurück zum Text.
  15. Kulikovsky, A.S., Creation, Fall, Restoration, p. 131, 2009. Zurück zum Text.
  16. Holding, J.P. Is the raqiya‘ (‘firmament’) a solid dome? Equivocal language in the cosmology of Genesis 1 and the Old Testament: a response to Paul H. Seely, J. Creation 13(2):44–51, 1999; creation.com/raqiya. Zurück zum Text.
  17. Kuhn, T., The Copernican Revolution, Harvard University Press, 1957. Zurück zum Text.
  18. Kuhn, T., The Structure of Scientific Revolutions, University of Chicago Press, 1962. Zurück zum Text.
  19. Nikolaus Kopernikus, De revolutionibus orbium coelestium (On the Revolutions of the Celestial Spheres), 1543. Zurück zum Text.
  20. Heute besser bekannt als Almagest. Kopernikus verwendet eine Abkürzung des ursprünglichen Namens von Ptolemäus´ Werk: Hē Mathēmatikē Syntaxis (Ἡ Μαθηματικὴ Σύνταξις = Die Mathematische Abhandlung). Dieses Werk wurde so berühmt, dass man es einfach Hē Megalē Syntaxis (Ἡ Μεγάλη Σύνταξις = Die Große Abhandlung) nannte. Arabische Gelehrte verwendeten dann den Superlativ Megistē (Μεγιστη), und nannten es al-kitabu-l-mijisti (Die Große Abhandlung), was dann im Lateinischen mit Almagest übersetzt wurde. Zurück zum Text.
  21. Boëthius, The Consolation of Philosophy (Der Trost der Philosophie) 2(7)3–7, AD 24. Dieses Buch war eines der am meisten gelesenen und einflussreichsten Werke in der westlichen Welt während dem gesamten Mittelalter. Zurück zum Text.
  22. Rodney Stark, How the West Won: The Neglected Story of the Triumph of Modernity, Intercollegiate Studies Institute, 2014. Zurück zum Text.
  23. Hannam, J., Ref. 4. Zurück zum Text.
  24. Basierend auf Schriften, die man einer mythischen Figur namens Hermes Trismegistus (Greek Hermēs ho Trismegistos Ἑρμῆς ὁ Τρισμέγιστος, Der Dreifach Größte Hermes) zuschreibt. Diese Schriften vertraten einen esoterischen Monotheismus, in dem Reinkarnation vorkam; sie lehrten, dass der Mensch die Natur mittels Ritualen beeinflussen könne (Magie), Alchemie und Astrologie. Zurück zum Text.
  25. Einen Aufsatz über dieses Thema mit vielen interessanten Zitaten finden Sie hier: bedejournal.blogspot.com/2009/04/galileo-affair-2-cosmic-promotion.html. Zurück zum Text.
  26. Heilbron, J.L. The Sun in the Church: Cathedrals as Solar Observatories. Harvard University Press, 1999. Zurück zum Text.
  27. Kuhn, Ref. 13. Zurück zum Text.
  28. Broad, W.J., How the Church Aided ‘Heretical’ Astronomy, New York Times Learning Network, 19 October 1999. Zurück zum Text.
  29. Nikolaus Kopernikus, De revolutionibus orbium coelestium (Über die Kreisbewegungen der Himmlischen Körper), 1543. Zurück zum Text.
  30. Johannes Kepler, De fundamentis astrologiae certioribus (Über die zuverlässigeren Grundlagen der Astrologie), Thesis 20, 1601. Zurück zum Text.
  31. Galileo Galilei, Dialogo sopra i due massimi sistemi del mondo (Dialog von Galileo Galilei über die zwei wichtigsten Weltsysteme), 1632. Zurück zum Text.
  32. de Santillana, G., The Crime of Galileo, p. xii, University of Chicago Press, Chicago, 1955. Zurück zum Text.
  33. Siehe die Diskussion über Luthers vermeintlichen Antagonismus zur geokinetischen Theorie, die eigentlich nur auf wieder neu aufgelegten Gerüchten über seine Ablehnung beruht in Sarfati, J., Refuting Compromise, Creation Book Publishers, Power Springs, GA, chapter 3. Zurück zum Text.
  34. Siehe auch Sarfati, J., Galileo Quadricentennial: myth vs fact, Creation 31(3):49–51, 2009. Zurück zum Text.
  35. Kopernikus scheint der Erste gewesen zu sein, der verstand, dass eine Zunahme der Geldzufuhr (oder, moderner ausgedrückt, „Geld drucken“ bzw. „quantitative Lockerung“) wahrscheinlich zu einer Inflation führt (Denkschrift zur Geldpolitik, 1517). Zurück zum Text.
  36. Sarfati, J., The biblical roots of modern science, Creation 32(4):32–36, 2010. Zurück zum Text.
  37. Heute ist die Parallaxe die Grundlage für die Standard Entfernungsmessung professioneller Astronomen: das Parsec (von „Parallaxe“ und „Second“ bzw. „Sekunde“), die Entfernung bei der eine Astronomische Einheit (AE) unter einem Winkel von 1 Bogensekunde (1/3600-tel eines Grads) erscheint. Das entspricht 3,26 Lichtjahren oder 206,000 AE. Ein Parsec ist viel kürzer als die Entfernung selbst zum nächstgelegenen Stern außerhalb unseres Sonnensystems, Proxima Centauri, der sich in einer Entfernung von 1.301 Parsec befindet. Zurück zum Text.
  38. Hannam, J., Who refused to look through Galileo’s telescope? bedejournal.blogspot.com, 20 November 2006: „Der Legende nach weigerten sich die Kardinäle/Jesuiten/aristotelischen Philosophen/die Inquisition, durch das Teleskop zu schauen, das ihnen Galileo präsentierte. Diese Legende wurde zu einem Standardwerkzeug, um damit Leute anzugreifen, die sich weigern `offensichtliche´ Beweise zu akzeptieren … Wer aber weigerte sich wirklich, durch Galileis Teleskop zu schauen? So viel ist sicher: nach den historischen Aufzeichnungen niemand! Stattdessen ging es um die Frage, was man eigentlich sah, wenn man durch das Teleskop schaute.“ Zurück zum Text.
  39. Williams, D.R., Venus Fact Sheet, nssdc.gsfc.nasa.gov, 9 May 2014. Die Größe der Venus variiert zwischen 9 und 66,7 Bogenminuten. Zurück zum Text.
  40. Diese Zahlenangaben beruhen in erster Näherung auf kreisförmigen Bahnen. In Wirklichkeit sind die Bahnen elliptisch und die größten bzw. kleinsten Distanzen betragen jeweils 38 und 261 Millionen km. Siehe Coffey, J., Venus Distance From Earth, universetoday.com, 8 May 2008. Zurück zum Text.
  41. Das ist auch der Grund, warum der Unterschied in der scheinbaren Helligkeit nicht genau so groß ist wie der Unterschied in der scheinbaren Größe. Die scheinbare Helligkeit ist -4,9, wenn die Venus am hellsten ist, und -3, wenn sie am dunkelsten ist. Der Grund ist, weil in der Sichelphase viel weniger Licht in Richtung Erde reflektiert wird. Nebenbei bemerkt ist das eine logarithmische Skala. Das bedeutet, dass ein Stern der Größenklasse (bzw. Helligkeit) 1 um einen Faktor 2,512-mal heller erscheint als ein Stern der Größenklasse 2. Fünf Größenklassen entsprechen einem Helligkeits-Faktor 100. Die Helligkeit der Venus variiert daher um einen Faktor 5,7 (=2,5121,9). Zurück zum Text.
  42. Heilbron, Ref. 18, pp. 202–3. Zurück zum Text. Zurück zum Text.
  43. Beachten Sie, dass in einem Newtonschen System, d. h. einem auf die Sonne zentrierten Bezugsrahmen, der Mond die Sonne umkreist, und nicht die Erde. Vom Weltall aus betrachtet beschreibt der Mond immer eine Bahn, die in Richtung Sonne gekrümmt ist. Die Erde stört den Mond auf seiner Bahn um die Sonne nur geringfügig. Mit anderen Worten findet der monatliche Umlauf des Mondes um die Erde nur scheinbar statt, und er existiert nur in einem Bezugssystem, das auf die Erde zentriert ist. Trotzdem aber folgt der Mond in diesem Bezugssystem Keplers Gesetzen. Ein absoluter Geozentrist muss erklären, warum der Mond diesen Gesetzen folgt, während dies alle anderen Himmelskörper offensichtlich nicht tun. Das erklärt, warum Brahe einen Kompromiss wählte. Zurück zum Text.
  44. Kreationisten kann man nicht generell vorwerfen, an einen „Lückenbüsser-Gott“ zu glauben, obwohl sie von gottesfeindlichen Kritikern und ihren kirchlichen Verbündeten so karikiert werden. Siehe Weinberger, L., Whose god? The theological response to the god-of-the-gaps, J. Creation 22(1):120–127, 2008. Zurück zum Text.
  45. Graney, C.M., Regarding how Tycho Brahe noted the absurdity of the Copernican Theory regarding the Bigness of Stars, while the Copernicans appealed to God to answer, arxiv.org/ftp/arxiv/papers/1112/1112.1988.pdf, 9 December 2011. Siehe auch Sanderson, K., Galileo duped by diffraction: Telescope pioneer foiled by optical effect while measuring distance to the stars, Nature 2 September 2008 | doi:10.1038/news.2008.1073 and Galileo backed Copernicus despite data: Stars viewed through early telescopes suggested that Earth stood still, Nature 5 March 2010 | doi:10.1038/news.2010.105. See also Graney’s book: Setting Aside All Authority: Giovanni Battista Riccioli and the Science against Copernicus in the Age of Galileo, University of Notre Dame Press, 2015. Zurück zum Text.
  46. Die Atmosphäre bricht das Licht nur. Wenn man aber ein Teleskop benutzt, kommt das Problem der Beugung aufgrund der Größe der Apertur hinzu (Brechungswinkel ~ Wellenlänge/Aperturdurchmesser). Zurück zum Text.
  47. Hubble Space Telescope captures first direct image of a star, hubblesite.org, 10 December 1996. Zurück zum Text.
  48. The Prof says: Tycho was a scientist, not a blunderer and a darn good one too! The Renaissance Mathematicus, thonyc.wordpress.com, 6 March 2012; das widerspricht den Aussagen von CMI Kritiker Christophobe David Barash, den CMI auch an anderer Stelle widerlegte. Zurück zum Text.
  49. Johannes Kepler, Prodromus dissertationum cosmographicarum, continens mysterium cosmographicum, de admirabili proportione orbium coelestium, de que causis coelorum numeri, magnitudinis, motuumque periodicorum genuinis & proprijs, demonstratum, per quinque regularia corpora geometrica (Vorläufer der kosmologischen Essays, die das Geheimnis des Universums enthüllen; Über die wunderbare Anordnung der Himmelssphären und über die Wahren und Besonderen Ursachen für die Anzahl, die Größe und die Periodizität der Bewegungen der Himmelskörper; Gezeigt anhand der fünf Regelmäßigen Geometrischen Körper), 1596. Zurück zum Text.
  50. Johannes Kepler, Astronomia Nova ΑΙΤΙΟΛΟΓΗΤΟΣ seu physica coelestis, tradita commentariis de motibus stellae Martis ex observationibus G.V. [Generositas Vestra] Tychonis Brahe (Neue Astronomie, Basierend auf Ursachen, oder die Physik der Himmelskörper, Behandelt in Kommentaren über die Bewegungen des Planeten Mars, Dank Beobachtungen von Tycho Brahe, Gent.), 1609. Zurück zum Text.
  51. Newtons Formel zur Berechnung der Gravitationsanziehung: F =-GMm/R2. Das negative Vorzeichen bedeutet Anziehung, weil die Kraft der Richtung des Vektors, der von einem auf den anderen Körper zeigt, entgegengesetzt ist. Die Kraft ist proportional zu den Massen der beiden Körper und umgekehrt proportional zum Quadrat der Entfernung — mit anderen Worten sie folgt einem invers-quadratischen Gesetz. Zurück zum Text.
  52. Hartnett, J., Has dark matter really been proven? Clarifying the clamour of claims from colliding clusters, creation.com/collide, 8 September 2006. Zurück zum Text.
  53. Henry, J., The moon’s recession and age, J. Creation 20(2):65–70, 2006. Zurück zum Text.
  54. The Chronology of Ancient Kingdoms Amended, posthumously published in 1728; Observations Upon the Prophecies of Daniel and the Apocalypse of St. John, 1733. Zurück zum Text.
  55. Principia, Book III; zitiert in; Newton’s Philosophy of Nature: Selections from his writings, p. 42, ed. H.S. Thayer, Hafner Library of Classics, NY, 1953. Zurück zum Text.
  56. A Short Scheme of the True Religion, manuscript quoted in Memoirs of the Life, Writings and Discoveries of Sir Isaac Newton, p. 347, by Sir David Brewster, Edinburgh, 1855. Zurück zum Text.
  57. Newton lehnte in der Tat Argumente für die Dreifaltigkeit aus nicht sicher belegten biblischen Texten ab, wie zum Beispiel dem johanninischen Komma in 1. Johannes 5, 7. Die meisten informierten Trinitarier heute würden zustimmen, dass dieser Text nicht sicher belegt ist. Eine sehr detaillierte Verteidigung von Newtons Trinitarismus findet man in Van Alan Herd, Theologie von Sir Isaac Newton, Doktorarbeit, University of Oklahoma, 2008; gradworks.umi.com/3304232.pdf. Diese Untersuchung liefert viele Beweise, darunter auch Newtons eigene Aussagen, die den Tritheismus widerlegen und den trinitarischen Monotheismus bekräftigen, z. B: „Zu sagen, dass es nur einen Gott gibt, einen Vater aller Dinge, schließt nicht aus, dass der Sohn und der Heilige Geist ebenfalls Teil der Gottheit sind, und zwar aus dem Grund, weil sie praktisch im Vater enthalten und impliziert sind … Den Namen Gottes auf den Sohn oder den Heiligen Geist als vom Vater getrennte Personen anzuwenden, macht sie nicht zu vom Vater verschiedenen Göttern … Folglich findet sich die Göttlichkeit im Vater, im Sohn und im Heiligen Geist, obwohl sie nicht verschiedene Mächte darstellen sondern nur eine einzige.“ Dieses Argument gegen Newton ähnelt der Argumentation, die heute, rund 300 Jahre später, von Leuten angewandt wird, die auf unsere Homepage gehen, „Argumente, die Kreationisten nicht verwenden sollten“ nehmen und dann behaupten, dass CMI eine anti-kreationistische Vereinigung sei. Zurück zum Text.
  58. Abhängig von der geographischen Breite muss man natürlich noch mit dem Kosinus des Breitengrads multiplizieren. Zurück zum Text.
  59. Hoyle, F., Nicolaus Copernicus, Heinemann Educational Books Ltd., London, p. 78, 1973. Zurück zum Text.
  60. Gibbs, W.W., Profile: George F.R. Ellis; Thinking Globally, Acting Universally, Scientific American 273(4):28–29, 1995. Zurück zum Text.
  61. Bouw, G.D., Geocentricity: A Fable for Educated Man? geocentricity.com/ba1/fresp. Zurück zum Text.
  62. Da Jupiter wesentlich mehr Masse hat als die Erde und viel weiter entfernt ist, liegt das Baryzentrum (bzw. der Masseschwerpunkt) des Systems Sonne-Jupiter oberhalb der Sonnenoberfläche. Ein hypothetischer außerirdischer Astronom wäre daher in der Lage, aus dem „Hin- und Herwackeln“ der Sonne die Gegenwart des Planeten Jupiter abzuleiten. Zurück zum Text.
  63. In der Chemie verwenden wir analog die Born-Oppenheimer Näherung, um die Schrödingergleichung der atomaren Wellenfunktionen zu lösen. Dabei wird der Atomkern als im Wesentliche stationär betrachtet, weil in der Praxis jedes Proton und jedes Neutron im Kern fast 2000-mal schwerer ist als ein Elektron. Zurück zum Text.
  64. In der Newtonschen Physik berechnet sich die Kraft, die erforderlich ist, um einen Körper auf einem Kreis mit dem Radius r bei der Geschwindigkeit v zu halten, zu F = mv2/r. Siehe auch Sarfati, J., Noch mehr Probleme mit Weltraumflügen: Beschleunigungskräfte, creation.com/g-force-german, 9 February 2012. Zurück zum Text.
  65. Ptolemäus hatte übrigens Recht. Objekte sollten sich auf gekrümmten Bahnen bewegen, wenn sie fallen. Er hatte allerdings keine Möglichkeit, den Effekt zu messen, weil er nicht hoch genug steigen konnte, um die gekrümmte Bahn des fallenden Objekts zu sehen. Wenn bemannte Raumschiffe wieder in die Erdatmosphäre eindringen, müssen Raketenwissenschaftler sowohl die horizontale Bewegung des Schiffes als auch die Rotationsgeschwindigkeit der Erde berücksichtigen, um an der richtigen Stelle landen zu können. Wenn ein nicht die Erde umlaufendes Objekt (z. B. ein Objekt, das die Sonne in der Nähe der Erde umkreist) beispielsweise aus der Höhe eines geostationären Satelliten fallen würde, würde es NICHT auf einer geraden Linie fallen. Tatsächlich würde es scheinbar einer gekrümmten Bahn folgen, weil die Erde sich unter dem fallenden Objekt wegdreht. Zurück zum Text.
  66. Wilson, C., Clairaut’s calculation of the eighteenth-century return of Halley’s Comet, Journal of the History of Astronomy 24(1–2):1–16, February 1993; articles.adsabs.harvard.edu//full/1993JHA….24….1W/0000001.000.html. Zurück zum Text.
  67. Nach Newtons erstem Gesetz bewegt sich jedes Objekt ohne Kraftwirkung in einer geraden Linie. Ein sich im Kreis bewegendes Objekt neigt also dazu, in einer buchstäblichen Tangente wegzufliegen, einfach weil es träge ist – eine zusätzliche Kraft wird nicht benötigt. Beobachtern auf dem rotierenden Bezugssystem scheint es aber so, als gäbe es eine zusätzliche Kraft, die die Objekte vom Zentrum wegdrängt, d. h. zentrifugal („zentrumsfliehend“) wirkt. Dies ist bei inertialen Bezugssystemen nicht der Fall. Zurück zum Text.
  68. In der Rotationsspektroskopie werden Gasmoleküle in erster Näherung als starre Rotoren behandelt. Die molekulare Rotation drückt aber die Atome auseinander und erhöht das Trägheitsmoment des Moleküls. Da der molekular rotierende Bezugsrahmen wichtig ist, wird ein zentrifugaler Verzerrungsparameter eingeführt, um dies zu korrigieren. Zurück zum Text.
  69. Born, M., Einstein’s Theory of Relativity, pp. 344–345, Dover, 1962. (German: Die Relativitätstheorie Einsteins und ihre physikalischen Grundlagen), Springer, 1920.) Zurück zum Text.
  70. Wie zum Beispiel Gerardus Bouw, der wahrscheinlich der am besten bekannte Geozentrist heute ist. Bouw, G.D., Geocentricity, pp. 267–269, Association for Biblical Astronomy, Cleveland, 1992. Zurück zum Text.
  71. Technisch gesehen ist hier die Rossby-Zahl wichtig (Ro), benannt nach dem schwedischen Meteorologen Carl-Gustaf Rossby (1898-1957 n. Chr.): Ro = v/Lf, wobei v die Geschwindigkeit ist, L die Ausdehnung und f = 2 Ω sin φ, mit der Winkelfrequenz der Planetenrotation Ω und der geographischen Breite φ. Für kleine Ro (verursacht durch große Ausdehnung oder große Rotationsgeschwindigkeit) sind Coriolis-Effekte sehr wichtig. Für große Ro, verursacht durch langsame Rotation, kleine Ausdehnung oder niedrige Breitengrade (nahe dem Äquator), sind Coriolis-Effekte vernachlässigbar. Zurück zum Text.
  72. Manche behaupten, dass der Coriolis-Effekt dazu führt, dass Wasser, das in einen Abfluss fließt, auf der nördlichen Hemisphäre sich gegen den Uhrzeigersinn, auf der südlichen Hemisphäre im Uhrzeigersinn dreht. Das ist ein Mythos. In Wahrheit lösen bereits geringe Unregelmäßigkeiten in der Form des Abflusses und latente Wasserbewegungen fast immer eine Drehung aus. Wenn der Wasserstrom auf das Loch zuläuft, schrumpft der Durchmesser, wodurch die Rotationsgeschwindigkeit zunimmt. Dies liegt an dem Gesetz der Drehimpulserhaltung, das auch erklärt, warum eine sich drehende Eisläuferin beschleunigt, wenn sie ihre Arme anzieht. Zurück zum Text.
  73. Ein aus der Rotationsvibrationsspektroskopie bekannter Effekt ist, dass schnell rotierende Moleküle, die gleichzeitig noch schwingen, Coriolis-Effekte im rotierenden Bezugssystem des Moleküls erfahren. Die sich daraus ergebenden Korrekturterme sind als Coriolis-Zeta-Koppelkonstanten bekannt. Zurück zum Text.