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Der erhobene Zeigefinger für Kreationisten

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Veröffentlicht am: 21. Mai 2016 (GMT+10)

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Das Feedback dieser Woche kommt von W. L. aus den USA, der Kreationisten und religiöse Menschen in Bezug auf Moral und Intellekt zur Rede stellt. Er schrieb:

Ich sprach kürzlich bei einer öffentlichen Diskussion darüber, wie langsam der evolutionäre Prozess abläuft, verglichen mit den Zeiträumen, mit denen der Mensch gewöhnlich zu tun hat. Sie würden nicht glauben, welch gehässige Antworten ich von einigen Kreationisten bekam.

Die Leute sollten den gesamten wissenschaftlichen Hintergrund der Evolutionstheorie und ihrer Zeiträume kennen, bevor sie sich eine Meinung bilden, und ihre Argumente nicht auf Hörensagen, Verschwörungstheorien, Spitzfindigkeiten und Pseudo-Wissenschaft aufbauen, als wären das alles echte Beweise.

Jeder kann anhand der Indizien erkennen, dass Evolution eine gründlich bewiesene Tatsache ist. Nichts in der Geschichte der Menschheit hat mehr Schmerz und Leid verursacht und den menschlichen Fortschritt mehr behindert, als religiöse Eiferer.

Es ist falsch, jegliches Buch über die Vernunft, den gesunden Menschenverstand, oder sorgfältig entwickelte und bewiesene wissenschaftliche Prinzipien zu setzen.

Die Bibel und alle anderen heiligen Bücher der Religionen wurden nicht geschrieben, um zu 100% wörtlich genommen zu werden. Sie sind sehr metaphorisch. Sie wollen uns einfach vermitteln, dass wir tolerant, liebevoll, einfühlsam und wohltätig sein sollen.

Keaton Halley, Mitarbeiter von CMI, antwortet:

Hallo W. L.,

Bitte beachten Sie meine eingefügten Antworten.

Ich sprach kürzlich bei einer öffentlichen Diskussion darüber, wie langsam der evolutionäre Prozess abläuft, verglichen mit den Zeiträumen, mit denen der Mensch gewöhnlich zu tun hat. Sie würden nicht glauben, welch gehässige Antworten ich von einigen Kreationisten bekam.

Da wir bei dem Gespräch nicht anwesend waren, haben wir keine Möglichkeit zu überprüfen, ob Ihre Einschätzung der Antworten richtig ist. Leider wird in unserer Kultur die „Hass-Prediger“-Keule oft rücksichtslos gegen diejenigen geschwungen, die entschlossen für ihren Standpunkt eintreten, auch wenn das in Liebe im biblischen Sinne geschieht (1 Korinther 13: 4-13). Falls aber diese Leute wirklich „gehässig“ waren, dann war das mit der Lehre Jesu nicht vereinbar, der uns befahl, nicht nur unsere Nächsten zu lieben, sondern auch unsere Feinde (Matth. 5,44).

Wie dem auch sei, wer glaubt, dass die Menschen und ihre moralischen Vorstellungen einfach zufällige Nebenprodukte eines blinden evolutionären Prozesses sind, wird selber widersprüchlich, wenn er Hass als objektives Übel verurteilt.1

Die Leute sollten den gesamten wissenschaftlichen Hintergrund der Evolutionstheorie und ihrer Zeiträume kennen, bevor sie sich eine Meinung bilden, und ihre Argumente nicht auf Hörensagen, Verschwörungstheorien, Spitzfindigkeiten und Pseudo-Wissenschaft aufbauen, als wären das alles echte Beweise.

Wir sind gewiss der Meinung, dass man gut informiert sein und schlechte Argumente vermeiden sollte;2 allerdings muss man auch kein weltweit führender Experte werden, bevor man ein rationales Recht darauf hat, die Evolutionstheorie abzulehnen. Aber um Ihren eigenen Maßstab anzuwenden: Wie gut verstehen Sie beide Seiten des Themas? Ihre E-Mail gibt uns keine Anzeichen dafür, dass Sie mit unseren Argumenten gut vertraut wären. Unser Anmeldeformular fordert Sie dazu auf, unsere Website zu durchsuchen, bevor Sie Feedback einreichen, doch Ihre wichtigsten Punkte sind bereits oft auf creation.com angesprochen worden. Wir geben zahlreiche, wohl durchdachte Gründe an, die Evolutionstheorie abzulehnen. Sind Sie in der Lage, diese Argumente zu widerlegen? Sie könnten mit dem Artikel Die Zeit — Kein Freund der Evolution beginnen.

Wir verstehen sehr gut, welche Zeiträume von der Evolutionstheorie beansprucht werden. Damit Evolution „von der Mikrobe bis zum Menschen“ stattfinden kann, hilft aber auch mehr zusätzliche Zeit nicht, wenn die angeblichen Evolutionsmechanismen in die falsche Richtung laufen. Darüber hinaus reicht die zur Verfügung stehende Zeit einfach nicht aus,3 wie wir bereits gezeigt haben.

Jeder kann anhand der Indizien erkennen, dass Evolution eine gründlich bewiesene Tatsache ist.

Jeder kann sehen, dass das ein ipse dixit ist [eine autoritäre Aussage, der man angeblich nicht widersprechen darf, Anm. d. Übersetzers].

Nichts in der Geschichte der Menschheit hat mehr Schmerz und Leid verursacht und den menschlichen Fortschritt mehr behindert, als religiöse Eiferer.

Eine weitere bloße Behauptung. Zunächst einmal sind wir Repräsentanten von Christus und nicht aller Religionen, also sollten wir kaum für das Leid verantwortlich gemacht werden, das zum Beispiel von bestimmten islamischen Eiferern verursacht wird! Nichtsdestotrotz schätzen Gelehrte,4 dass nur etwa 6-7% aller Kriege wegen religiöser Konflikte geführt worden sind. Viel eher kommt es hingegen zum Blutbad, wenn säkulare Eiferer5 an die Macht kommen, die die Evolutionstheorie befürworten — denken wir z. B. an Lenin, Stalin, Mao, Hitler, Pol Pot, usw. Demgegenüber fallen die Todesopfer aufgrund der schlimmsten Sünden der Kirche (wie die Kreuzzüge, die Hexenprozesse von Salem und die Inquisition) kaum ins Gewicht.6

In Bezug auf den menschlichen Fortschritt haben wir darauf hingewiesen, dass das Christentum die Wiege der modernen Wissenschaft gewesen ist,7 und dass es generell zum Gedeihen der Menschheit führt.8 Behauptungen, dass die Kirche wissenschaftlichen Fortschritt hemmen würde, sind oft übertrieben, wie im Fall von Galileo.9

Es ist falsch, jegliches Buch über die Vernunft, den gesunden Menschenverstand, oder sorgfältig entwickelte und bewiesene wissenschaftliche Prinzipien zu setzen.

Wer vertritt diese Position? Wir jedenfalls nicht.10

Aber wenn Sie meinen, die Darwin‘sche Evolutionstheorie gründe sich auf „sorgfältig entwickelte und bewiesene wissenschaftliche Prinzipien“, dann würden Sie gut daran tun, alle versteckten Annahmen11 und logischen Drahtseilakte12 aufzuspüren, auf denen die evolutionistische Propaganda beruht. (Siehe auch „Das ist doch keine Wissenschaft).

Die Bibel und alle anderen heiligen Bücher der Religionen wurden nicht geschrieben, um 100% wörtlich genommen zu werden. Sie sind sehr metaphorisch. Sie wollen uns einfach vermitteln, dass wir tolerant, liebevoll, einfühlsam und wohltätig sein sollen.

Sie erkennen wahrscheinlich nicht, wie herablassend das klingt. Zum Einen ist es ein Strohmann-Argument, uns zu unterstellen, wir würden die Bibel zu „100% wörtlich“ nehmen. Wir haben schon längst darauf hingewiesen, dass wir die biblische Bedeutung durch objektive Auslegungsregeln erschließen, je nach Kontext, Grammatik, Literaturgattung, usw. Das heißt, wir können Metaphern und andere literarische Mittel erkennen, wenn sie auftreten. Aber weil Genesis (1. Mose, Anm. d. Übers.) im Großen und Ganzen als historische Erzählung geschrieben wurde, ist es auch genau so zu verstehen — und nicht als eine Sammlung von Mythen, die lediglich gutes Verhalten fördern. Es ist daher falsch, so zu tun, als ob ein Dilemma vorläge, und es nur zwei Optionen gäbe, nämlich extreme Buchstabengläubigkeit auf der einen Seite, oder bloße Metaphern für Frieden und Liebe auf der anderen Seite.

Es wäre sehr bequem für diejenigen, die um die biblische Lehre herum kommen wollen, die Botschaft der Bibel auf den kleinsten gemeinsamen Nenner gemeinsam mit dem modernistischen Moralismus zu reduzieren, aber das wäre einfach nur intellektuell unehrlich. Es ist der gleiche Fehler, den Menschen begehen, wenn sie Jesus als eine Art missverstandenen Hippie sehen, der nichts außer „Liebt einander!“ und „Richtet nicht!“ gepredigt hat. Diese entstellte Vorstellung von Jesus ist nicht das, was wir in der Schrift finden — es ist ein selbstgemachter Jesus. Die Bibel selbst jedoch besteht darauf, dass wir darauf achten müssen, die Wahrheit — und zwar die ganze Wahrheit — über Jesus zu glauben (Matthäus 16,13-17; 2. Korinther 11,4).

Außerdem haben wir gezeigt, dass die Autoren der Bibel selbst die Bibel so verstanden haben, dass sie den Anspruch erhebt, historische Aussagen zu treffen,13 die nicht ohne Auswirkung auf die Wissenschaft sind. Petrus sagte, er sei nicht Legenden (oder Fabeln) gefolgt, sondern war Augenzeuge von Jesu Leben und Dienst (2. Petrus 1,16), und Paulus sagte, dass der christliche Glaube vergeblich ist, wenn Jesus nicht von den Toten auferstanden ist (1. Kor 15,14). Intellektuell ehrlich wäre es, die historischen Ansprüche der Bibel entweder zu akzeptieren oder abzulehnen, aber nicht zu behaupten, die Bibel spräche nur über Liebe und Toleranz. In Anlehnung an C. S. Lewis sei gesagt: die Bibel selbst hat Ihnen diese Option nicht gelassen.

Ich hoffe herzlich, das gibt Ihnen einige Denkanstöße.

Die besten Wünsche,

Keaton Halley